
Unangekündigte MDK-Begutachtung
Viele Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen kennen das: Plötzlich meldet sich der Medizinische Dienst (MDK) und kündigt eine neue Pflegebegutachtung an – ohne dass die Pflegekasse vorher Bescheid gegeben hat. So eine Nachricht kann verunsichern und Fragen aufwerfen:
🛑 Muss ich dieser Begutachtung einfach zustimmen?
🛑 Darf die Pflegekasse das einfach so anordnen?
🛑 Kann ich mich dagegen wehren?
Die Antwort ist: Nein, nicht automatisch.
Die Pflegekasse muss sich an gesetzliche Vorgaben halten, bevor sie eine neue Begutachtung durch den MDK beauftragen darf. In diesem Artikel erfährst du:
✔ Wann eine erneute MDK-Begutachtung erlaubt ist,
✔ Welche Rechte du hast,
✔ Und wie du dich gegen eine unzulässige Begutachtung wehren kannst.
1. Wann darf die Pflegekasse eine neue MDK-Begutachtung anordnen?
Die Pflegekasse kann nicht einfach nach Belieben eine neue MDK-Begutachtung veranlassen. Es muss einen triftigen Grund geben.
Drei Fälle, in denen eine erneute Begutachtung erlaubt ist:
✅ Dein Gesundheitszustand hat sich stark verändert (§ 18 Abs. 1 SGB XI)
➡ Falls sich deine Pflegebedürftigkeit deutlich verbessert oder verschlechtert hat, kann die Pflegekasse eine neue Begutachtung veranlassen. Die Pflegekasse muss dich darüber aber informieren.
📌 Beispiel: Eine Person mit Pflegegrad 5 macht gesundheitliche Fortschritte. Die Pflegekasse könnte dann prüfen lassen, ob der Pflegegrad noch gerechtfertigt ist.
✅ Es gibt Zweifel an der Einstufung (§ 48 SGB X)
➡ Falls die Pflegekasse vermutet, dass der Pflegegrad zu hoch oder zu niedrig festgelegt wurde, kann sie eine erneute Prüfung anordnen. Die Pflegekasse muss dich darüber aber informieren.
📌 Beispiel: Eine Pflegeeinrichtung oder ein Pflegedienst meldet, dass der Pflegeaufwand nicht so hoch ist, wie ursprünglich angenommen.
✅ Der MDK hat eine Wiederholungsbegutachtung empfohlen
➡ Manchmal wird bei der ersten Begutachtung bereits festgelegt, dass nach einer bestimmten Zeit (z. B. nach drei oder fünf Jahren) eine neue Prüfung erfolgen soll. Die Pflegekasse muss dich aber über die neue Begutachtungs-Anordnung informieren.
📌 Aber Achtung: Falls die Wiederholungsbegutachtung eigentlich erst später vorgesehen war (z. B. für 2028), die Pflegekasse sie aber auf 2025 vorzieht, muss sie das vorher ausreichend begründen.
2. Muss mich die Pflegekasse vorher informieren?
Ja! Die Pflegekasse darf nicht einfach den MDK beauftragen, ohne dich vorher schriftlich zu informieren.
Gesetzliche Grundlagen:
📌 § 35 Abs. 1 SGB X – Begründungspflicht für Verwaltungsakte
➡ Jede Entscheidung der Pflegekasse muss schriftlich begründet werden. Dazu gehört auch die Anordnung einer neuen Begutachtung.
📌 § 24 Abs. 1 SGB X – Anhörungspflicht
➡ Falls die neue Begutachtung dazu führen könnte, dass dein Pflegegrad gesenkt oder gestrichen wird, muss dich die Pflegekasse vorher anhören.
📌 § 13 Abs. 1 SGB I – Recht auf Information
➡ Du hast das Recht, umfassend über alle Vorgänge informiert zu werden, die deine Pflegeleistungen betreffen.
Fazit: Falls du nur vom MDK, aber nicht von der Pflegekasse informiert wurdest, liegt ein Fehler im Verfahren vor.
3. Muss ich der MDK-Begutachtung zustimmen?
🔴 Nein! Allein die Kontaktaufnahme durch den MDK bedeutet nicht, dass du automatisch mitwirken musst.
Wann besteht keine Mitwirkungspflicht?
❌ Wenn du keine schriftliche Mitteilung von der Pflegekasse erhalten hast.
❌ Wenn die Pflegekasse keinen nachvollziehbaren Grund für die Begutachtung nennt.
❌ Wenn keine Anhörung stattgefunden hat, obwohl eine Herabstufung droht.
💡 Wichtig: Die Pflegekasse darf keine Sanktionen oder Kürzungen vornehmen, wenn sie sich nicht an die Regeln hält.
4. Was tun, wenn die Pflegekasse sich nicht an die Regeln hält?
Falls du unangekündigt vom MDK kontaktiert wirst, solltest du nicht sofort einen Termin vereinbaren. Stattdessen kannst du aktiv werden:
4.1 Schriftliche Anfrage an die Pflegekasse stellen
Du kannst eine vollständige Begründung verlangen. Ein Beispiel für ein Schreiben:
📌 Betreff: Überraschende MDK-Begutachtung – Da kann es sich ja nur um ein Missverständnis handeln!
Sehr geehrte Damen und Herren,
der MDK hat mich informiert, dass eine neue Begutachtung stattfinden soll. Da ich von Ihnen jedoch keine schriftliche Mitteilung erhalten habe, gehe ich davon aus, dass es sich um ein Missverständnis handelt.
Ich beantrage daher eine vollständige schriftliche Begründung für die Begutachtung, insbesondere unter Berücksichtigung folgender gesetzlicher Grundlagen:
📌 § 18 Abs. 1 SGB XI – Begutachtung nur bei wesentlicher Veränderung
📌 § 35 Abs. 1 SGB X – Begründungspflicht für Verwaltungsakte
📌 § 24 Abs. 1 SGB X – Anhörungspflicht vor belastenden Entscheidungen
Diese Begründung bitte gemäß § 11 BGG (Barrierefreie Kommunikation) in einfacher Sprache, damit sie für mich verständlich ist.
Ich gehe davon aus, dass Sie erst die rechtlichen Voraussetzungen klären, bevor der MDK tätig wird.
Mit freundlichen Grüßen
[Dein Name]
4.2 Widerspruch gegen die Begutachtung einlegen
Falls die Begründung fehlt oder unzureichend ist, kannst du Widerspruch einlegen.
4.3 Beratung durch Pflegeberatungsstellen oder den VdK in Anspruch nehmen
Sozialverbände wie der VdK oder eine Pflegeberatungsstelle können helfen, wenn du dir unsicher bist.
Fazit: Wann lohnt sich ein Widerspruch?
💡 JA, du solltest Widerspruch einlegen, wenn:
✔ Die Pflegekasse dich nicht schriftlich informiert hat.
✔ Es keine klare Begründung für die Begutachtung gibt.
✔ Die Begutachtung früher als angekündigt stattfindet.
✔ Es keine Hinweise auf eine Veränderung deines Pflegebedarfs gibt.
🔍 NEIN, Widerspruch ist nicht sinnvoll, wenn:
❌ Die Pflegekasse dich bereits schriftlich informiert hat.
❌ Eine wesentliche Veränderung deines Pflegebedarfs nachweisbar ist.
👉 Kurz gesagt: Auch eine erneute MDK-Begutachtung muss nach den gesetzlichen Vorgaben durchgeführt werden. Falls die Pflegekasse sich nicht an die Regeln hält, kannst du dich dagegen wehren – und jetzt weißt du, wie! 😉
Schreibe einen Kommentar