„Die Begutachtung wird rechtzeitig angekündigt oder vereinbart. Der antragstellenden Person sind das vorgesehene Datum der Begutachtung mit einem Zeitfenster von maximal zwei Stunden, die voraussichtliche Dauer der Begutachtung, der Name und die berufliche Qualifikation der Gutachterin oder des Gutachters sowie Grund und Art der Begutachtung mitzuteilen.“ (Richtlinien zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit des Medizinischen Dienstes Bund (MDK) Kapitel 3.2.2.1 „Ankündigung der persönlichen Begutachtung“, Seite 24)
Wenn der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) zur Begutachtung kommt, entscheidet sich oft, ob und in welchem Umfang Pflegeleistungen gewährt werden. Doch was passiert, wenn auf einmal ein fremder Gutachter vor der Tür steht, der nicht angekündigt wurde?
Gerade für Menschen mit Behinderung, Autismus oder kognitiven Einschränkungen kann eine unangekündigte Begutachtung zu erheblichem Stress und Unsicherheit führen. Wichtig zu wissen: Betroffene sind nicht verpflichtet, einen unangekündigten Gutachter in die Wohnung zu lassen!
Pflegebegutachtung muss rechtzeitig angekündigt werden
🟢 Einfache Erklärung: Jeder Mensch hat das Recht, sich auf eine Begutachtung vorzubereiten. Deshalb muss die Pflegekasse oder der Medizinische Dienst den Termin vorher mitteilen. Es muss klar sein, wer kommt, wann die Begutachtung stattfindet und wie lange sie dauert.
Laut den Begutachtungs-Richtlinien des Medizinischen Dienstes Bund (MDK) muss jede Begutachtung rechtzeitig angekündigt oder vereinbart werden. Dabei sind der Name und die Qualifikation des Gutachters mitzuteilen. Ziel dieser Regelung ist es, den Betroffenen ausreichend Zeit zur Vorbereitung zu geben und Transparenz im Verfahren sicherzustellen.
Datum der Begutachtung mit einem maximal zweistündigen Zeitfenster
Name und Qualifikation des Gutachters
Dauer der Begutachtung
Art der Begutachtung (Hausbesuch, Telefoninterview oder Videotelefonie)
Warum ist eine unangekündigte Begutachtung problematisch?
🟢 Einfache Erklärung: Wenn Menschen nicht wissen, dass jemand zu ihnen kommt, kann das große Probleme machen. Viele brauchen Hilfe von Angehörigen oder müssen sich vorher vorbereiten. Ein plötzlicher Besuch kann Angst oder Stress auslösen.
Gerade für Menschen mit Behinderung stellt eine unangekündigte Begutachtung eine besondere Belastung dar. Viele benötigen eine vertraute Bezugsperson oder Vorbereitungszeit, um sich auf die Untersuchung einzustellen. Auch pflegende Angehörige sind oft darauf angewiesen, ihre eigenen Termine so zu koordinieren, dass sie bei der Begutachtung anwesend sein können.
Zudem besteht ein Sicherheitsrisiko, wenn plötzlich eine fremde Person in die Wohnung möchte. Insbesondere ältere Menschen oder Menschen mit kognitiven Einschränkungen könnten durch unangekündigte Besuche überfordert werden oder Betrügern die Tür öffnen.
Muss die Begutachtung durch einen unangekündigten Gutachter akzeptiert werden?
🟢 Einfache Erklärung: Nein! Niemand muss einen fremden Gutachter in die Wohnung lassen, wenn dieser nicht vorher angekündigt wurde.
Nein! Betroffene sind nicht verpflichtet, eine Begutachtung durch einen nicht angekündigten Gutachter zu akzeptieren. Wenn ein anderer als der angekündigte Gutachter erscheint, kann die Begutachtung verweigert und eine neue Terminvereinbarung gefordert werden.
Was können Betroffene tun?
🟢 Einfache Erklärung: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wenn ein nicht angekündigter Gutachter vor der Tür steht. Man kann den Besuch verweigern oder sich erst einmal erkundigen, ob die Person wirklich vom MDK ist.
Falls ein nicht angekündigter Gutachter erscheint, haben Betroffene folgende Möglichkeiten:
Sich den Dienstausweis zeigen lassen – Falls Unsicherheit besteht, kann der Gutachter aufgefordert werden, sich auszuweisen.
Neuen Termin fordern – Die Pflegekasse oder der MDK kann kontaktiert und eine Begutachtung durch den zuvor angekündigten Gutachter verlangt werden.
Beschwerde einreichen – Eine formale Beschwerde bei der Pflegekasse oder dem MDK kann dazu beitragen, solche Fehler in Zukunft zu verhindern.
Widerspruch gegen das Gutachten einlegen – Falls eine Begutachtung unter diesen Bedingungen doch durchgeführt wird und ein nachteiliges Ergebnis hat, kann Widerspruch eingelegt werden.
Rechtliche Grundlage
🟢 Einfache Erklärung: Das Gesetz schützt die Rechte der Betroffenen. Die Pflegekasse muss sicherstellen, dass die Begutachtung fair abläuft und vorher angekündigt wird.
Gemäß § 18 SGB XI sind die Pflegekassen verpflichtet, die Begutachtung durch unabhängige und qualifizierte Gutachter sicherzustellen. Zudem muss laut den Begutachtungsrichtlinien der MDK eine rechtzeitige Ankündigung der Begutachtung erfolgen. Wird diese Vorgabe nicht eingehalten, liegt ein Verfahrensfehler vor, der als Grundlage für einen Widerspruch genutzt werden kann.
Fazit
🟢 Einfache Erklärung: Niemand muss einen fremden Gutachter in die Wohnung lassen. Wer vorher nicht angekündigt wurde, darf abgewiesen werden. Es gibt Möglichkeiten, sich zu beschweren und sich zu wehren.
Unangekündigte Gutachter müssen nicht geduldet werden. Menschen mit Behinderung haben das Recht auf eine ordnungsgemäße und transparente Begutachtung. Falls ein anderer als der angekündigte Gutachter erscheint, kann die Begutachtung verweigert werden, ohne dass dies negative Konsequenzen haben darf. Sicherheit und Selbstbestimmung gehen vor!
„Beschäftigte haben Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld für bis zu zehn Arbeitstage, wenn sie aufgrund einer akut aufgetretenen Pflegesituation eines nahen Angehörigen der Arbeit fernbleiben müssen, um die bedarfsgerechte pflegerische Versorgung des nahen Angehörigen zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen.“
1. Einleitung: Was ist das Pflegeunterstützungsgeld?
🟢 Einfache Erklärung: Pflegeunterstützungsgeld hilft Arbeitnehmern, wenn sie kurzfristig Angehörige pflegen müssen. Es ermöglicht eine bis zu 10-tägige Freistellung von der Arbeit mit finanzieller Absicherung durch die Pflegekasse.
Wenn ein naher Angehoriger plötzlich pflegebedürftig wird oder eine akute Verschlechterung seines Gesundheitszustands eintritt, stehen viele berufstätige Menschen vor der Herausforderung, kurzfristig die Pflege zu organisieren.
Genau für solche Situationen gibt es das Pflegeunterstützungsgeld. Es ermöglicht eine bis zu 10-tägige bezahlte Freistellung von der Arbeit, um die Pflege eines nahen Angehörigen sicherzustellen oder eine langfristige Pflege zu organisieren.
2. Gesetzliche Grundlage und Begriffsdefinition
🟢 Einfache Erklärung: Das Pflegeunterstützungsgeld ist gesetzlich in § 44a SGB 11 geregelt. Es ist eine finanzielle Hilfe, wenn jemand für die kurzfristige Pflege eines Angehörigen nicht arbeiten kann. Damit sollen Arbeitnehmer entlastet werden, wenn plötzlich eine Pflegesituation eintritt.
Das Pflegeunterstützungsgeld ist in § 44a SGB 11 geregelt. Es handelt sich um eine Lohnersatzleistung, die von der Pflegekasse des pflegebedürftigen Angehörigen gezahlt wird. Anspruch darauf haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn sie aufgrund einer akuten Pflegesituation kurzfristig ihre Arbeit unterbrechen müssen.
Wichtige Voraussetzungen:
Der gepflegte Angehörige muss pflegebedürftig sein oder es muss eine Pflegebedürftigkeit festgestellt werden.
Die Pflegesituation muss akut (plötzlich, nicht vorhersehbar) sein und sofortiges Handeln erfordern.
Der Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld muss bei der Pflegekasse des Pflegebedürftigen gestellt werden.
Die Freistellung ist auf maximal 10 Arbeitstage pro akuter Pflegesituation begrenzt.
3. Was ist eine akute Pflegesituation?
🟢 Einfache Erklärung: Eine akute Pflegesituation tritt ein, wenn sich der Gesundheitszustand eines Angehörigen plötzlich verschlechtert oder wenn die bisherige Pflegeperson ausfällt. In solchen Fällen muss schnell gehandelt werden, um die Versorgung sicherzustellen.
Ein zentrales Kriterium für den Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld ist das Vorliegen einer akuten Pflegesituation.
Darunter versteht man eine plötzliche, nicht vorhersehbare Verschlechterung des Gesundheitszustands, die eine sofortige Organisation oder Durchführung der Pflege notwendig macht. Dabei kann es sich um eine medizinische Verschlechterung des Pflegebedürftigen handeln, aber auch um den plötzlichen Ausfall der bisherigen Pflegeperson.
4. Welche Nachweise sind erforderlich?
Quelle: Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld Nachweis Arzt von Versicherung KNAPPSCHAFT
🟢 Einfache Erklärung: Um Pflegeunterstützungsgeld zu erhalten, muss die akute Pflegesituation nachgewiesen werden. Dies kann durch ärztliche Bescheinigungen, Pflegeberichte oder eine eigene Erklärung erfolgen. Die Pflegekasse prüft, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.
Das Gesetz schreibt nicht vor, dass eine ärztliche Bescheinigung zwingend erforderlich ist. In der Praxis verlangen Pflegekassen jedoch oft einen Nachweis über die akute Pflegesituation. Hierzu können gehören:
Ärztliche Bescheinigung (Hausarzt, Krankenhaus)
Krankenhaus- oder Reha-Entlassungsbericht
Bestätigung durch einen Pflegeberater oder Pflegedienst
Eigene schriftliche Erklärung der Pflegeperson oder des Arbeitgebers der Pflegeperson
Falls die Pflegekasse eine ärztliche Bescheinigung als alleinigen Nachweis fordert, kann darauf hingewiesen werden, dass nach § 44a SGB 11 auch andere glaubhafte Nachweise akzeptiert werden müssen.
5. Beispiele für eine akute Verschlechterung der Pflegesituation
Es gibt viele verschiedene Situationen, in denen eine akute Pflegebedürftigkeit entstehen kann. Hier sind einige Beispiele aus dem Alltag, in denen kurzfristig eine Betreuung organisiert werden muss.
A) Medizinische Verschlechterung der pflegebedürftigen Person
Plötzlicher Sturz mit Mobilitätseinschränkung – Eine Person mit Pflegegrad 1 konnte sich bisher weitgehend allein versorgen, ist nun aber gestürzt und kann nicht mehr selbstständig gehen. 👉 Nachweis: Ärztliche Bescheinigung über den Sturz und die daraus resultierenden Einschränkungen; Unfallbericht oder Bestätigung eines Pflegeberaters.
Akute Verschlechterung bei Demenz – Eine sonst stabile Person mit Demenz erkennt plötzlich ihre Umgebung nicht mehr, verlässt unkontrolliert das Haus und kann sich selbst nicht mehr versorgen. 👉 Nachweis: Bericht eines Pflegeberaters oder ambulanten Pflegedienstes über die akute Veränderung; Bestätigung des Hausarztes.
Schlaganfall oder Herzinfarkt mit Entlassung aus dem Krankenhaus – Nach einer schweren Erkrankung muss die Pflege sofort angepasst oder organisiert werden. 👉 Nachweis: Krankenhaus-Entlassungsbericht mit Pflegeempfehlung; Bestätigung durch den behandelnden Arzt.
Starke Schwindelanfälle nach Medikamentenumstellung – Eine pflegebedürftige Person kann plötzlich nicht mehr sicher gehen oder stehen, was Sturzgefahr mit sich bringt. 👉 Nachweis: Ärztliche Bescheinigung über die Nebenwirkungen der neuen Medikation; Unfall- oder Sturzdokumentation, falls bereits ein Vorfall passiert ist.
Plötzliche starke Inkontinenz – Eine Person, die vorher selbst zur Toilette gehen konnte, verliert diese Fähigkeit und benötigt kurzfristig neue Pflegehilfsmittel und Betreuung. 👉 Nachweis: Dokumentation durch einen Pflegeberater oder Hausarzt; Bestellung von Hilfsmitteln als zusätzlicher Nachweis.
B) Psychische Erkrankungen als akute Verschlechterung
Akute suizidale Krise oder selbstgefährdendes Verhalten – Ein Angehöriger mit Depression oder Borderline-Störung äußert plötzliche Suizidgedanken und benötigt sofortige Betreuung. 👉 Nachweis: Dringlichkeitsattest des behandelnden Psychiaters oder Psychologen; Dokumentation eines psychiatrischen Krisendienstes.
Akute Psychose oder starke Halluzinationen – Eine Person mit Schizophrenie kann Realität und Wahn nicht mehr unterscheiden und benötigt lückenlose Beaufsichtigung. 👉 Nachweis: Bericht eines Psychiaters oder Notfallaufnahmeprotokoll aus der Klinik.
Plötzliche Angststörungen oder Panikattacken – Eine Person mit generalisierter Angststörung ist plötzlich handlungsunfähig und kann sich nicht mehr selbst versorgen. 👉 Nachweis: Psychologische oder ärztliche Bescheinigung über die akute Krise; Dokumentation eines ambulanten Pflegedienstes.
Manische Episode bei bipolarer Störung – Die betroffene Person verhält sich impulsiv und selbstgefährdend, sodass eine Beaufsichtigung erforderlich wird. 👉 Nachweis: Attest des behandelnden Psychiaters; Bericht einer psychiatrischen Notfallambulanz.
Plötzliche akute Belastungsreaktion nach Trauma oder Todesfall – Ein Angehöriger mit PTBS erlebt eine schwere emotionale Krise, die eine intensive Betreuung erfordert. 👉 Nachweis: Bescheinigung eines Psychotherapeuten oder Arztes über die Belastungsreaktion; Notiz eines Krisendienstes oder psychosozialen Betreuungsdienstes.
6. Welche Sozialversicherungsbeiträge werden während des Bezugs von Pflegeunterstützungsgeld gezahlt?
🟢 Einfache Erklärung: Auch während du Pflegeunterstützungsgeld bekommst, bleibst du sozialversichert. Das bedeutet, dass deine Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung weiterhin bestehen bleiben.
Die Sozialversicherungsbeiträge während des Bezugs von Pflegeunterstützungsgeld werden vollständig von der Pflegekasse des Pflegebedürftigen übernommen. Das bedeutet:
Kranken- und Pflegeversicherung
Die Pflegekasse zahlt die Beiträge für gesetzlich Versicherte direkt an die Krankenkasse. Privatversicherte müssen ihre Beiträge selbst weiterzahlen – sie erhalten keine Erstattung von der Pflegekasse.
„Für Personen, die Pflegeunterstützungsgeld beziehen, besteht für die Dauer der Freistellung Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung. Die Beiträge werden von der Pflegekasse des Pflegebedürftigen übernommen.“
Zitat: § 44a Abs. 5 SGB 11
Rentenversicherung
Die Pflegekasse zahlt die Beiträge zur Rentenversicherung, wenn die Pflege mindestens 10 Stunden pro Woche an mindestens zwei Tagen geleistet wird. Diese Zeiten werden als Versicherungszeiten für die Rente anerkannt.
„Versicherungspflichtig in der Rentenversicherung sind Personen, die eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung nach § 2 Pflegezeitgesetz in Anspruch nehmen.“
Zitat: § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB 6
Arbeitslosenversicherung
Während des Bezugs von Pflegeunterstützungsgeld bleibt die Pflegeperson in der Arbeitslosenversicherung versichert. Falls die Person nach der Freistellung arbeitslos wird, zählt diese Zeit als Versicherungszeit für das Arbeitslosengeld.
„Versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung sind Personen, die wegen kurzzeitiger Arbeitsverhinderung nach § 2 Pflegezeitgesetz von der Arbeit freigestellt sind.“
Zitat: § 26 Abs. 2b SGB 3
Unfallversicherung
Pflegepersonen sind gesetzlich unfallversichert, wenn sie einen Angehörigen pflegen. Die Beiträge werden von der Pflegekasse übernommen, sodass Unfälle während der Pflege (z. B. Stürze, Rückenschäden) abgesichert sind.
„Pflegende Angehörige sind während der häuslichen Pflege in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.“
Zitat: § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB 7
7. Besondere akute Pflegesituation: Der Ausfall der Pflegeperson
Was passiert, wenn die Pflegeperson ausfällt?
🟢 Einfache Erklärung: Wenn die bisherige Pflegeperson oder der Ersatz von ihr ausfällt, kann das große Schwierigkeiten für den Pflegebedürftigen bedeuten. Vielleicht ist sie krank geworden oder im Urlaub – und du musst dich spontan um eine Lösung kümmern. In solchen Fällen kann das Pflegeunterstützungsgeld helfen.
Viele berufstätige Menschen, die Angehörige pflegen, haben eine Ersatzpflegeperson organisiert, um kurzfristige Ausfälle durch berufliche Verpflichtungen wie Dienstreisen oder andere Termine abzusichern.
Doch was passiert, wenn diese Ersatzpflegeperson unerwartet ausfällt – zum Beispiel durch Krankheit oder Urlaub? Entsteht dann eine akute Pflegesituation, die einen Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld rechtfertigt?
Warum könnte ein Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld bestehen, wenn die Pflegeperson ausfällt?
🟢 Einfache Erklärung: Das Pflegeunterstützungsgeld ist dafür gedacht, wenn plötzlich eine Notsituation entsteht, weil die Pflege nicht mehr sichergestellt ist. Das kann auch passieren, wenn die Pflegeperson ausfällt.
Plötzlicher Ausfall der bisherigen Pflegeperson
Eine akute Pflegesituation liegt nicht nur vor, wenn sich der Gesundheitszustand des Pflegebedürftigen plötzlich verschlechtert, sondern auch dann, wenn eine bisherige Pflegeperson unerwartet ausfällt.
Unerwartete Notlage, die sofortige Organisation erfordert
🟢 Einfache Erklärung: Wenn eine Pflegeperson plötzlich ausfällt, kann das eine stressige Situation sein. Die Pflege muss sofort organisiert werden, damit die pflegebedürftige Person weiterhin gut versorgt ist. Das Pflegeunterstützungsgeld hilft in genau solchen Situationen.
Die Pflege kann nicht wie gewohnt erfolgen, weil die übliche Ersatzpflege ausfällt.
Damit entsteht eine plötzliche Notlage, die sofortiges Handeln erfordert.
Die Pflege kann nicht einfach auf eine andere Person übertragen werden, ohne dass eine neue Lösung gefunden werden muss.
Eine solche kurzfristige Neuorganisation stellt eine akute Pflegesituation dar, für die das Pflegeunterstützungsgeld gedacht ist.
Pflegeunterstützungsgeld dient genau dazu, eine akute Pflegesituation zu überbrücken
🟢 Einfache Erklärung: Das Pflegeunterstützungsgeld ist eine finanzielle Hilfe, die gezahlt wird, wenn eine unerwartete Pflegesituation eintritt. Es ermöglicht dir, für einige Tage von der Arbeit freigestellt zu werden, damit du dich um die Pflege kümmern kannst.
Nach § 44a Abs. 3 SGB 11 besteht ein Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, wenn eine akute Pflegesituation eintritt und die Pflege kurzfristig organisiert oder übernommen werden muss.
Da du in diesem Fall selbst einspringen musst, um die Pflege sicherzustellen, erfüllst du die Grundvoraussetzung für den Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld.
Warum könnte ein Anspruch abgelehnt werden?
🟢 Einfache Erklärung: Manchmal lehnt die Pflegekasse einen Antrag ab, weil sie glaubt, dass die Situation vorhersehbar war oder dass es andere Möglichkeiten gibt, die Pflege sicherzustellen. Es ist wichtig, die Notwendigkeit gut zu begründen.
Die Pflegekasse könnte argumentieren, dass die Situation durch berufliche Verpflichtungen verursacht wurde
Es kann sein, dass die Pflegekasse sagt, dass eine Dienstreise oder Arbeitspflichten vorhersehbar waren und dass du dich frühzeitig um eine Ersatzpflege hättest kümmern können. In solchen Fällen musst du gut erklären, warum dies nicht möglich war. Vielleicht ist die Ersatzpflege ja erkrankt oder war einfach nicht verfügbar.
Falls die Pflegekasse eine spontane Dienstreise als nicht unvorhersehbar betrachtet, könnte sie eine Ablehnung begründen.
Die Kasse könnte argumentieren, dass eine berufliche Verpflichtung keine plötzliche Veränderung der Pflegesituation darstellt, sondern eine arbeitsrechtliche Frage ist.
Da die Dienstreise grundsätzlich vorhersehbar ist, könnte die Pflegekasse annehmen, dass eine alternative Lösung gefunden werden könnte. Wenn die Ersatz-Pflege aber spontan auch nicht verfügbar ist, entsteht ein Anspruch.
Die Pflegekasse könnte verlangen, dass eine andere Ersatzpflege organisiert wird
Die Pflegekasse könnte die Ablehnung damit begründen, dass eine andere Lösung, zum Beispiel über Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege oder einen ambulanten Pflegedienst, verfügbar sind.
ABER: Laut § 44a Abs. 3 SGB 11 haben Beschäftigte Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, wenn sie wegen einer akut aufgetretenen Pflegesituation die Arbeit unterbrechen müssen, um eine pflegerische Versorgung sicherzustellen oder zu organisieren.
„Beschäftigte haben Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld (…) wenn sie aufgrund einer akut aufgetretenen Pflegesituation (…) der Arbeit fernbleiben müssen, um (…) pflegerische Versorgung (…) zu organisieren oder (…) sicherzustellen.“
Dieser Wortlaut legt keine Pflicht fest, vorher zwingend alle anderen Pflege-Optionen auszuschöpfen. Es gibt keinen gesetzlichen Zwang, eine Pflege durch Fremde (z. B. einen Pflegedienst) in Anspruch zu nehmen, wenn dies nicht gewünscht ist.
Wie könnt ihr den Anspruch durchsetzen?
Wenn dein Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld abgelehnt wird, kannst du Widerspruch einlegen. Es ist wichtig, klar zu machen, dass die Pflege ohne deine Hilfe nicht möglich gewesen wäre.
Falls die Pflegekasse den Antrag ablehnt, sollte man Widerspruch einlegen und gut begründen, warum die Situation unvorhersehbar war.
Deutliche Begründung gegenüber der Pflegekasse:
Ohne dein sofortiges Eingreifen wäre die Pflege nicht sichergestellt.
Die Situation war nicht vorhersehbar, weil die Ersatzpflegeperson unerwartet ausgefallen ist.
Die kurzfristige Organisation einer anderen Pflegeoption war nicht möglich.
Nachweise einreichen:
Nachweis über die geplante Ersatzpflegeperson und deren plötzlichen Ausfall (z. B. ärztliche Bescheinigung bei Krankheit oder Urlaubsnachweis).
Schreiben des Arbeitgebers über die spontane Anordnung der Dienstreise.
Eigene schriftliche Erklärung, dass kurzfristig keine andere Lösung gefunden werden konnte.
Ausfall der bisherigen Pflegeperson: Beispiele
Arbeitgeber weist spontan eine Dienstreise an – Die Hauptpflegeperson muss kurzfristig verreisen und kann die Pflege nicht sicherstellen. Vielleicht ist zufällig auch die Ersatz-Pflegeperson zu diesem Zeitpunkt verhindert. 👉 Nachweis: Schriftliche Bestätigung des Arbeitgebers über die verpflichtende Dienstreise.
Pflegeperson erkrankt plötzlich schwer – Die bisherige Betreuungsperson ist aufgrund einer eigenen Erkrankung oder eines Unfalls nicht mehr in der Lage, die Pflege durchzuführen. 👉 Nachweis: Ärztliche Bescheinigung über die Krankheit der Pflegeperson.
Bisherige Pflegeperson hat spontan gekündigt – Wenn die bisherige Pflegeperson ihr Ehrenamt als Pflegeperson spontan kündigt, ist diese Situation für den Menschen mit Pflegebedarf und seine Angehörigen unvorhersehbar. 👉 Nachweis: Wenn vorhanden: Kündigungserklärung der bisherigen Pflegeperson.
Plötzliche psychische Überforderung der Pflegeperson – Die Hauptpflegeperson ist durch die Pflegesituation stark belastet und benötigt dringend eine Pause, um sich zu erholen. 👉 Nachweis: Attest eines Arztes oder Psychotherapeuten über die psychische Belastung.
Pflegeperson muss sich einer medizinischen Behandlung oder Operation unterziehen – Eine geplante oder akute medizinische Maßnahme macht es unmöglich, die Pflege weiterzuführen. 👉 Nachweis: Ärztliche Bescheinigung über den Eingriff oder die Notwendigkeit der Behandlung.
8. Fazit
🟢 Einfache Erklärung: Das Pflegeunterstützungsgeld hilft Menschen, die kurzfristig Angehörige pflegen müssen. Es ist eine wichtige Unterstützung für Familien, wenn sich eine Pflegesituation plötzlich ändert. Wer eine Ablehnung erhält, sollte Widerspruch einlegen.
Das Pflegeunterstützungsgeld bietet eine wichtige finanzielle Absicherung, wenn berufstätige Angehörige kurzfristig die Pflege eines Familienmitglieds organisieren oder übernehmen müssen. Entscheidend ist, dass eine akute Pflegesituation vorliegt, die eine sofortige Reaktion erfordert. Falls eine Ablehnung erfolgt, kann sich ein Widerspruch lohnen, da das Gesetz keine starre Definition der Nachweispflicht vorsieht.
Pflegst du einen nahen Angehörigen und arbeitest gleichzeitig in Vollzeit? Dann fragst du dich vielleicht, welche Ansprüche du hast und welche Unterstützung dir zusteht. In diesem Artikel erfährst du alles Wichtige zu den gesetzlichen Regelungen und finanziellen Hilfen, die dir zustehen.
1. Unfallversicherung: Schutz während der Pflege
🟢 Einfache Erklärung: Wenn du einen Angehörigen pflegst, kannst du dir beim Helfen oder Heben leicht wehtun. Damit du dann abgesichert bist, gibt es die gesetzliche Unfallversicherung für Pflegepersonen.
Als Pflegeperson bist du gesetzlich unfallversichert, wenn du einen Angehörigen mit mindestens Pflegegrad 2 unentgeltlich pflegst und diese Pflege mindestens 10 Stunden pro Woche an zwei Tagen erfolgt (§ 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII). Auch wenn du in Vollzeit arbeitest, bleibt dieser Versicherungsschutz bestehen.
✔ Anspruch bei 30 Stunden/Woche oder weniger? ✅ Ja
✔ Anspruch bei mehr als 30 Stunden/Woche? ✅ Ja
✔ Was ist versichert?
Unfälle während der Pflege (z. B. Sturz beim Umlagern)
Wegeunfälle im direkten Zusammenhang mit der Pflege
📌 Wichtig: Die Unfallversicherung deckt keine Haushaltsarbeiten ab, die nicht direkt mit der Pflege zu tun haben.
2. Pflegeunterstützungsgeld: 10 Tage bezahlte Freistellung
🟢 Einfache Erklärung: Wenn dein Angehöriger plötzlich mehr Hilfe braucht, kannst du bis zu 10 Tage von der Arbeit freigestellt werden und bekommst dafür Geld von der Pflegekasse.
Musst du kurzfristig Pflege organisieren, kannst du dich bis zu 10 Tage pro Jahr bezahlt freistellen lassen. In dieser Zeit erhältst du Pflegeunterstützungsgeld von der Pflegekasse des Pflegebedürftigen. Die Höhe entspricht etwa 90 % deines Nettoeinkommens (§ 44a SGB XI).
✔ Anspruch bei 30 Stunden/Woche oder weniger? ✅ Ja
✔ Anspruch bei mehr als 30 Stunden/Woche? ✅ Ja
✔ Voraussetzungen:
Dein Angehöriger benötigt plötzlich Pflege
Du stellst einen Antrag bei der Pflegekasse
Dein Arbeitgeber wird umgehend informiert
3. Pflegezeit: Sechs Monate unbezahlte Freistellung
🟢 Einfache Erklärung: Du kannst bis zu sechs Monate deine Arbeit unterbrechen, um dich voll um deinen Angehörigen zu kümmern. Während dieser Zeit darf dein Arbeitgeber dich nicht kündigen.
Möchtest du deine Arbeitszeit für die Pflege reduzieren oder ganz pausieren? Dann kannst du dich bis zu sechs Monate unbezahlt freistellen lassen (§ 3 PflegeZG). Während dieser Zeit gilt ein besonderer Kündigungsschutz.
✔ Anspruch bei 30 Stunden/Woche oder weniger? ✅ Ja
✔ Anspruch bei mehr als 30 Stunden/Woche? ✅ Ja
✔ Wichtig: Dein Arbeitgeber muss die Pflegezeit gewähren, wenn dein Unternehmen mehr als 15 Beschäftigte hat.
💡 Tipp: Du kannst beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein zinsloses Darlehen beantragen, um Einkommensverluste auszugleichen.
4. Familienpflegezeit: Teilzeit-Arbeiten mit Darlehensoption
🟢 Einfache Erklärung: Wenn du weniger arbeiten möchtest, um zu pflegen, kannst du deine Arbeitszeit für bis zu zwei Jahre reduzieren. Falls du weniger verdienst, gibt es ein zinsloses Darlehen zur Unterstützung.
Falls du langfristig weniger arbeiten möchtest, kannst du deine Arbeitszeit für bis zu 24 Monate um mindestens 15 Stunden pro Woche reduzieren (§ 2 FPfZG).
✔ Anspruch bei 30 Stunden/Woche oder weniger? ✅ Ja
✔ Anspruch bei mehr als 30 Stunden/Woche? ✅ Ja
✔ Besonderheit: Auch hier kannst du ein zinsloses Darlehen zur finanziellen Unterstützung erhalten.
❗ Achtung: Dieses Recht besteht nur in Unternehmen mit mindestens 25 Beschäftigten.
🟢 Einfache Erklärung: Wenn du eine Pflegezeit beantragst, darf dein Arbeitgeber dich in dieser Zeit nicht kündigen.
Falls du Pflegezeit oder Familienpflegezeit beantragst, genießt du einen besonderen Kündigungsschutz (§ 5 PflegeZG). Dein Arbeitgeber darf dir während dieser Zeit nicht kündigen.
✔ Anspruch bei 30 Stunden/Woche oder weniger? ✅ Ja
✔ Anspruch bei mehr als 30 Stunden/Woche? ✅ Ja
✔ Gilt für Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten.
🟢 Einfache Erklärung: Die Pflegekasse bietet kostenlose Kurse an, damit du lernst, wie du deinen Angehörigen gut pflegen kannst, ohne dich selbst zu überlasten.
Pflegende Angehörige können kostenlose Pflegekurse in Anspruch nehmen. Diese helfen dir, die Pflege effizienter und körperlich schonender durchzuführen (§ 45 SGB XI). Viele Pflegekassen bieten auch individuelle Beratungsgespräche an.
✔ Anspruch bei 30 Stunden/Woche oder weniger? ✅ Ja
✔ Anspruch bei mehr als 30 Stunden/Woche? ✅ Ja
💡 Tipp: Pflegekurse gibt es auch als Online-Angebote oder individuelle Schulungen zu Hause.
7. Verhinderungspflege & Pflegehilfsmittel
🟢 Einfache Erklärung: Falls du mal eine Pause brauchst, kann jemand anderes die Pflege übernehmen. Dafür gibt es finanzielle Unterstützung. Außerdem bekommst du Geld für Dinge wie Handschuhe und Desinfektionsmittel.
Brauchst du eine Pause oder bist selbst verhindert? Dann kannst du bis zu 3.539 € pro Jahr (ab 07.2025) für eine Ersatzpflegeperson oder einen Pflegedienst nutzen (§ 39 SGB XI). Zusätzlich erhältst du bis zu 42 € monatlich für Pflegehilfsmittel (Stand 2025, § 40 SGB XI).
✔ Anspruch bei 30 Stunden/Woche oder weniger? ✅ Ja
🟢 Einfache Erklärung: Wenn du pflegst, kannst du bestimmte Ausgaben von der Steuer absetzen. So bekommst du am Ende des Jahres möglicherweise Geld zurück.
Pflegekosten können steuerlich geltend gemacht werden (§ 33 EStG). Je nach Pflegegrad kannst du einen Pflegepauschbetrag von bis zu 1.800 € pro Jahr erhalten.
✔ Anspruch bei 30 Stunden/Woche oder weniger? ✅ Ja
✔ Anspruch bei mehr als 30 Stunden/Woche? ✅ Ja
✔ Weitere steuerliche Vorteile:
Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung absetzen
Haushaltsnahe Dienstleistungen (bis zu 4.000 € jährlich) steuerlich geltend machen
9. Keine Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung für Vollzeitbeschäftigte Pflegepersonen
🟢 Einfache Erklärung: Wer mehr als 30 Stunden pro Woche arbeitet, bekommt keine zusätzlichen Rentenpunkte für die Pflegezeit und auch keine Absicherung in der Arbeitslosenversicherung durch die Pflegekasse. Wer weniger arbeitet, kann Rentenpunkte sammeln.
Einen Nachteil gibt es: Wenn du mehr als 30 Stunden pro Woche arbeitest, zahlt die Pflegekasse keine Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 44 SGB XI). Das bedeutet, dass du nach einer Pflegezeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I hast, sofern du nicht anderweitig versicherungspflichtig beschäftigt warst. Nur Personen, die weniger als 30 Stunden pro Woche arbeiten, können Rentenpunkte für die Pflegezeit erhalten.
✔ Anspruch bei 30 Stunden/Woche oder weniger? ✅ Ja
✔ Anspruch bei mehr als 30 Stunden/Woche? ❌ Nein
Fazit: Deine Rechte als pflegende Person mit Vollzeitjob
Ansprüche für Pflegepersonen bei einer Anstellung mit mehr als 30 Stunden Wochen-Arbeitszeit
Leistung
Anspruch
Unfallversicherung
✅ Ja
Pflegeunterstützungsgeld (10 Tage bezahlte Freistellung)
✅ Ja
Pflegezeit (bis zu 6 Monate unbezahlte Freistellung)
✅ Ja
Familienpflegezeit (bis zu 24 Monate Teilzeitpflege)
✅ Ja
Pflegekurse & Beratung
✅ Ja
Verhinderungspflege & Pflegehilfsmittel
✅ Ja
Steuerliche Vorteile
✅ Ja
Kündigungsschutz während Pflegezeit/Familienpflegezeit
✅ Ja
Arbeitslosenversicherungs-Beiträge durch Pflegekasse
❌ Nein
Rentenversicherungs-Beiträge durch Pflegekasse
❌ Nein
Auch wenn du in Vollzeit arbeitest, stehen dir einige Rechte und Unterstützungsleistungen zu. Besonders hilfreich sind die Unfallversicherung, Pflegeunterstützungsgeld und die Möglichkeit zur Freistellung. Wer langfristig Pflege und Beruf vereinbaren will, sollte sich frühzeitig über Teilzeitmodelle, finanzielle Hilfen und steuerliche Vorteile informieren.
Die Pflegegrad-Begutachtung entscheidet darüber, ob und welche Pflegeleistungen du bekommst. Normalerweise führt der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) die Begutachtung durch. Doch was passiert, wenn die Begutachtung zu lange dauert oder der MDK Fehler macht?
Hier erfährst du: ✅ Wann du Anspruch auf einen unabhängigen Gutachter hast ✅ Wie du gegen Verzögerungen oder Ablehnungen der Pflegekasse vorgehen kannst ✅ Welche rechtlichen Schritte du unternehmen kannst
1. Wann hast du Anspruch auf einen unabhängigen Gutachter?
Das Gesetz § 18 Abs. 3 SGB XI gibt dir das Recht, eine Liste mit drei unabhängigen Gutachtern zu bekommen, wenn:
1️⃣ Die Pflegekasse nicht innerhalb von 20 Arbeitstagen eine Begutachtung organisiert. 2️⃣ Die Pflegekasse von sich aus entscheidet, keinen MDK-Gutachter einzusetzen.
➡ In diesen Fällen muss die Pflegekasse dir die Liste mit unabhängigen Gutachtern zusenden. Du kannst dann einen Gutachter daraus auswählen.
⚠ Wichtig: Falls die Pflegekasse die Liste verweigert oder nicht reagiert, kannst du dagegen vorgehen.
2. Was tun, wenn die Pflegekasse die Liste nicht sendet?
Wenn die Pflegekasse ihre Pflicht nicht erfüllt, hast du mehrere Möglichkeiten:
🔹 Schriftliche Aufforderung mit Frist setzen (z. B. 14 Tage) 🔹 Widerspruch gegen die Ablehnung einlegen 🔹 Klage beim Sozialgericht einreichen
📌 Tipp: Falls die Pflegekasse nach deiner Aufforderung nicht reagiert, kannst du direkt rechtliche Schritte einleiten.
Nein, die Pflegekasse hat kein Ermessen bei der Entscheidung.
Falls die Voraussetzungen nach § 18 Abs. 3 SGB XI vorliegen, muss sie die Liste zusenden.
Eine Verzögerung oder Weigerung kann mit einer Untätigkeitsklage oder einer Verpflichtungsklage angefochten werden.
Wann habe ich die Verzögerung zu vertreten?
✅ Einmalige Absage aus wichtigem Grund → Kein vollständiges Vertreten der Verzögerung
Wenn du den ersten Terminvorschlag des MDK aus einem wichtigen Grund (z. B. eine medizinische Behandlung) nicht wahrnehmen kannst, dann:
Hast du die Verzögerung nicht vollständig zu vertreten.
Muss der MDK einen alternativen Termin vorschlagen.
Bleibt der Anspruch nach 20 Arbeitstagen gemäß § 18 Abs. 3 SGB XI grundsätzlich bestehen.
📌 Beispiele für berechtigte Gründe: ✔ Wichtige ärztliche Behandlungen, Operationen oder Therapien. ✔ Krankenhausaufenthalte. ✔ Dringende familiäre Verpflichtungen (z. B. Todesfall in der Familie).
➡ In diesem Fall bleibt dein Anspruch nach 20 Tagen bestehen, wenn der neue Termin weiterhin nicht innerhalb der Frist liegt.
❌ Mehrfache Absagen oder fehlende Kooperation → Risiko des Anspruchsverlustes
Falls du mehrere Terminvorschläge ohne triftigen Grund absagst oder nicht reagierst, könnte das als eigenes Verschulden gewertet werden.
📌 Wann könnte die Pflegekasse die Liste verweigern? ❌ Mehrere unentschuldigte Absagen. ❌ Verzögerung durch ständige Terminverschiebungen. ❌ Keine Reaktion auf Terminvorschläge des MDK.
➡ In diesem Fall könnte die Pflegekasse argumentieren, dass die Verzögerung durch den Antragsteller verursacht wurde und der Anspruch auf die Liste entfällt.
Wer trägt die Beweislast bei einer Verzögerung?
Die Pflegekasse muss beweisen, dass der Antragsteller die Verzögerung vollständig zu vertreten hat.
🔹 Falls die Kasse behauptet, dass du schuld an der Verzögerung bist, kann sie nicht einfach pauschal ablehnen – sie muss nachweisen, dass deine Absage kausal für die gesamte Verzögerung war. 🔹 Falls der MDK erst nach der Absage einen neuen Termin in weiter Ferne anbietet, bleibt der Anspruch nach 20 Tagen bestehen, da die Verzögerung dann in der Verantwortung der Pflegekasse liegt.
➡ Fazit: Falls die Pflegekasse deinen Anspruch verweigert, solltest du einen Widerspruch einlegen und auf die Beweislast verweisen.
Wann verjährt dein Anspruch auf eine Liste mit 3 unabhängigen Gutachtern?
✅ Die Verjährungsfrist beträgt 4 Jahre gemäß § 45 SGB I und beginnt am Jahresende des Anspruchsjahres.
Das bedeutet: Falls dein Anspruch im Jahr 2022 entstanden ist, beginnt die Verjährungsfrist am 01.01.2023 und endet am 31.12.2026.
✅ Falls du Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben hast, wird die Verjährung gehemmt. – Hemmung durch Antragstellung oder Widerspruch (§ 44 SGB I) – Hemmung durch eine Klage (§ 204 BGB i.V.m. SGB I)
✅ Falls die Pflegekasse den Anspruch blockiert, könnte sich der Fristbeginn nach hinten verschieben.
Falls du eine Untätigkeitsklage oder eine Klage auf Durchführung des Verwaltungsakts eingereicht hast, wird die Verjährung unterbrochen, solange das Verfahren läuft. Sobald das Gericht entschieden hat, beginnt die Verjährungsfrist neu.
📌 Beispiel: Erinnerung an die Frist vor Klageeinreichung
Betreff: Fristsetzung zur Übersendung der Gutachterliste nach § 18 Abs. 3 SGB XI
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe am [Datum des ursprünglichen Antrags] meinen Antrag auf Einstufung in einen Pflegegrad gestellt. Nach § 18 Abs. 3 SGB XI besteht eine gesetzliche Verpflichtung, innerhalb von 20 Arbeitstagen eine Begutachtung durchzuführen oder mir eine Liste mit drei unabhängigen Gutachtern zur Verfügung zu stellen.
Da die Frist bereits seit [Anzahl der Tage] Tagen abgelaufen ist und ich trotz dessen keine Reaktion erhalten habe, setze ich Ihnen hiermit eine Frist von 7 Tagen zur Erledigung meiner Forderung.
Falls ich bis zum [Datum, 7 Tage später] keine Gutachterliste erhalte, werde ich ohne weitere Ankündigung eine Untätigkeitsklage nach § 89 SGG sowie eine Verpflichtungsklage auf Durchführung des Verwaltungsakts beim Sozialgericht einreichen.
Mit freundlichen Grüßen [Dein Name]
📌 Wichtig:
Falls du innerhalb der Frist keine Antwort bekommst, kannst du die Klage direkt einreichen.
Setze eine letzte, kurze Frist (z. B. 7 Tage).
Versende das Schreiben per Fax, Einschreiben oder per E-Mail.
4. Welche Klage kannst du einreichen?
Falls die Pflegekasse nicht handelt oder die Liste verweigert, kannst du sie mit einer Klage dazu zwingen. Es gibt zwei Möglichkeiten:
🔹 Verpflichtungsklage nach § 54 SGG ➡ Falls die Pflegekasse die Liste absichtlich nicht herausgibt, kannst du sie per Verpflichtungsklage zwingen. ➡ Das Sozialgericht kann die Pflegekasse verpflichten, die Liste zu senden. Denn die Liste ist ein Verwaltungsakt, den du einklagen kannst.
🔹 Klage auf unterlassenen Verwaltungsakt nach § 89 SGG ➡ Falls die Pflegekasse einfach nichts tut, kannst du auch eine Klage nach § 89 SGG einreichen. ➡ Diese Klage hat den Vorteil, dass sie an keine Frist gebunden ist. Auch durch diese Klage kannst du vor Gericht einfordern, dass der Verwaltungsakt durchgeführt wird.
💡 Beste Strategie: Am besten beide Klagen parallel einreichen, um sicherzugehen, dass eine davon Erfolg hat.
Ist die Übersendung der Liste ein Verwaltungsakt?
Ja, denn die Liste erfüllt alle Kriterien eines Verwaltungsakts nach § 31 SGB X:
Erfüllung der Merkmale eines Verwaltungsakts nach § 31 SGB X
Kriterium
Erklärung
Warum die Übersendung der Gutachterliste ein Verwaltungsakt ist
Behörde
Eine öffentliche Stelle, die hoheitliche Aufgaben wahrnimmt.
✅ Die Pflegekasse ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und handelt als Sozialversicherungsträger.
Hoheitliche Maßnahme
Eine einseitige Entscheidung der Behörde auf gesetzlicher Grundlage.
✅ Die Pflegekasse handelt nicht privatrechtlich, sondern setzt eine gesetzliche Verpflichtung um (§ 18 Abs. 3 SGB XI).
Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts
Die Maßnahme beruht auf gesetzlichen Vorgaben des öffentlichen Rechts.
✅ Die Übersendung der Liste ergibt sich aus § 18 Abs. 3 SGB XI, also aus dem Sozialrecht, das zum öffentlichen Recht gehört.
Regelung
Eine verbindliche Entscheidung, die den Rechtsstatus des Betroffenen verändert.
✅ Die Liste legt verbindlich fest, welche drei Gutachter in Frage kommen. Der Antragsteller kann nur aus dieser Auswahl wählen.
Einzelfall
Die Regelung betrifft eine bestimmte Person und keinen unbestimmten Personenkreis.
✅ Die Liste wird nur für den jeweiligen Antragsteller erstellt und gilt nicht für andere Versicherte allgemein.
Außenwirkung
Die Maßnahme hat Außenwirkung, sie eine Rechtsposition verändert oder verbindliche Wirkung entfaltet.
✅ Die Übersendung der Liste bewirkt eine verbindliche Auswahlmöglichkeit für den Antragsteller. Die Pflegekasse ist an die Entscheidung des Antragstellers gebunden und darf ausschließlich den von ihm bestimmten Gutachter aus der Liste beauftragen. Dadurch erlangt der Antragsteller eine unmittelbare Rechtsposition, die es ihm erlaubt, aktiv an der Wahl eines unabhängigen Gutachters für sein Pflegegrad-Verfahren mitzuwirken.
➡ Fazit: Da die Maßnahme alle sechs Merkmale eines Verwaltungsakts erfüllt, handelt es sich eindeutig um einen einklagbaren Verwaltungsakt gemäß § 31 SGB X. 🚀
Es besteht gemäß §113 SGG die Möglichkeit, dass beide Klagen in einem Verfahren zusammen geführt werden.
5. Darfst du selbst einen unabhängigen Gutachter beauftragen?
📌 Grundsätzlich nein – die Pflegekasse bestimmt, wer das Gutachten macht. Aber:
✅ Falls die Pflegekasse zu lange braucht, kannst du dich auf § 13 Abs. 3a SGB V berufen. ✅ Falls dein Pflegegrad zu niedrig eingestuft wurde, kannst du ein eigenes Gutachten als Gegengutachten einreichen. ✅ Falls du klagst, kann das Gericht ein neutrales Gutachten anfordern.
⚠ Aber Vorsicht: ❌ Die Pflegekasse muss dein eigenes Gutachten nicht anerkennen. ❌ Die Kosten für einen selbst beauftragten Gutachter müsstest du selbst zahlen.
6. Was tun, wenn der MDK die Begutachtung verweigert?
Manchmal verweigert der MDK die Begutachtung, zum Beispiel wenn du eine Videoaufnahme machen willst.
📌 Aber dein Zuhause ist dein Grundrecht! ➡ Nach Artikel 13 Grundgesetz hast du das Recht, dein Zuhause zu schützen. ➡ Eine offene Videoaufzeichnung zur Beweissicherung ist gerechtfertigt. Du musst nur darauf aufmerksam machen – zum Beispiel mit einem Aufkleber an der Tür. Auf dem Aufkleber sollte stehen, dass du eine Bild- und Ton-Überwachung bei dir Zuhause hast. So macht das auch eine Bank.
✅ Klage wegen Diskriminierung einreichen (z. B. wenn du aus gesundheitlichen Gründen eine Videoaufnahme brauchst)
7. Fazit: So setzt du dein Recht auf einen unabhängigen Gutachter durch
✅ Falls die Pflegekasse zu langsam ist → Liste mit unabhängigen Gutachtern fordern! ✅ Falls sie nicht reagiert → Klage nach § 54 SGG oder § 89 SGG einreichen! ✅ Falls der MDK Fehler macht → Widerspruch und Gegengutachten einreichen! ✅ Falls du dringend eine Entscheidung brauchst → Einstweilige Verfügung beim Sozialgericht beantragen!
⚠ Lass dich nicht von der Pflegekasse oder dem MDK abwimmeln. Dein Recht ist gesetzlich geschützt!
📌 Falls du Hilfe bei einer Klage oder einem Widerspruch brauchst, kann ich dir gerne eine Vorlage erstellen. 🚀
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