Autor: Salomo Swoboda

  • Die UN-Behinderten-Rechts-Konvention

    Die UN-Behinderten-Rechts-Konvention

    Übereinkommen der Vereinten Nationen
    über die Rechte von Menschen mit Behinderung

    Inhaltsverzeichnis

    Präambel

    Artikel 1: Zweck

    Artikel 2: Begriffsbestimmungen

    Artikel 3: Allgemeine Grundsätze

    Artikel 4: Allgemeine Verpflichtungen

    Artikel 5: Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung

    Artikel 6: Frauen mit Behinderungen

    Artikel 7: Kinder mit Behinderungen

    Artikel 8: Bewusstseinsbildung

    Artikel 9: Zugänglichkeit

    Artikel 10: Recht auf Leben

    Artikel 11: Gefahrensituationen und humanitäre Notlagen

    Artikel 12: Gleiche Anerkennung vor dem Recht

    Artikel 14: Freiheit und Sicherheit der Person

    Artikel 15: Freiheit von Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe

    Artikel 16: Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch

    Artikel 17: Schutz der Unversehrtheit der Person

    Artikel 18: Freizügigkeit und Staatsangehörigkeit

    Artikel 19: Unabhängige Lebens führung und Einbeziehung in die Gemeinschaft

    Artikel 20: Persönliche Mobilität

    Artikel 21: Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen

    Artikel 22: Achtung der Privatsphäre

    Artikel 23: Achtung der Wohnung und der Familie

    Artikel 24: Bildung

    Artikel 25: Gesundheit

    Artikel 26: Habilitation und Rehabilitation

    Artikel 27: Arbeit und Beschäftigung

    Artikel 28: Angemessener Lebensstandard und sozialer Schutz

    Artikel 29: Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben

    Artikel 30: Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport

    Artikel 31: Statistik und Datensammlung

    Artikel 32: Internationale Zusammenarbeit

    Artikel 33: Innerstaatliche Durchführung und Überwachung

    Artikel 34: Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen

    Artikel 35: Berichte der Vertragsstaaten

    Artikel 36: Prüfung der Berichte

    Artikel 37: Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten und dem Ausschuss

    Artikel 38: Beziehungen des Ausschusses zu anderen Organen

    Artikel 39: Bericht des Ausschusses

    Artikel 40: Konferenz der Vertragsstaaten

    Artikel 41: Verwahrer

    Artikel 42: Unterzeichnung

    Artikel 43: Zustimmung, gebunden zu sein

    Artikel 44: Organisationen der regionalen Integration

    Artikel 45: Inkrafttreten

    Artikel 46: Vorbehalte

    Artikel 47: Änderungen

    Artikel 48: Kündigung

    Artikel 49: Zugängliches Format

    Artikel 50: Verbindliche Wortlaute

    Die amtliche Übersetzung der UN-Behindertenrechtskonvention von Deutschland

    Am 3. Mai 2008 ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft getreten. Dieses universelle Vertragsinstrument konkretisiert bestehende Menschenrechte für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen mit dem Ziel, ihre Chancengleichheit in der Gesellschaft zu fördern. Das Vertragswerk stellt einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Rechte von weltweit rund 650 Millionen behinderter Menschen dar. Deutschland hat als einer der ersten Staaten das Übereinkommen am 30. März 2007 unterzeichnet. Das Ratifikationsgesetz wurde im Dezember 2008 von Bundestag und Bundesrat verabschiedet und ist am 01. Januar 2009 in Kraft getreten. Am 24. Februar 2009 wurde die Ratifikationsurkunde in New York hinterlegt. Nach Ablauf einer 30-Tage-Frist ist das Übereinkommen und das Fakultativprotokoll seit dem 26. März 2009 für Deutschland verbindlich.

    Bei der amtlichen deutschen Übersetzung handelt es sich um ein offizielles Dokument mit Rechtscharakter.

    Präambel

    Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens,

    1. unter Hinweis auf die in der Charta der Vereinten Nationen verkündeten Grundsätze, denen zufolge die Anerkennung der Würde und des Wertes, die allen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft innewohnen, sowie ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet,
    2. in der Erkenntnis, dass die Vereinten Nationen in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und in den Internationalen Menschenrechtspakten verkündet haben und übereingekommen sind, dass jeder Mensch ohne Unterschied Anspruch auf alle darin aufgeführten Rechte und Freiheiten hat,
    3. bekräftigend, dass alle Menschenrechte und Grundfreiheiten allgemein gültig und unteilbar sind, einander bedingen und miteinander verknüpft sind und dass Menschen mit Behinderungen der volle Genuss dieser Rechte und Freiheiten ohne Diskriminierung garantiert werden muss,
    4. unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und das Internationale Übereinkommen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen,
    5. in der Erkenntnis, dass das Verständnis von Behinderung sich ständig weiterentwickelt und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern,
    6. in der Erkenntnis, dass die in dem Weltaktionsprogramm für Behinderte und den Rahmenbestimmungen für die Herstellung der Chancengleichheit für Behinderte enthaltenen Grundsätze und Leitlinien einen wichtigen Einfluss auf die Förderung, Ausarbeitung und Bewertung von politischen Konzepten, Plänen, Programmen und Maßnahmen auf einzelstaatlicher, regionaler und internationaler Ebene zur Verbesserung der Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen haben,
    7. nachdrücklich darauf hinweisend, wie wichtig es ist, die Behinderungsthematik zu einem festen Bestandteil der einschlägigen Strategien der nachhaltigen Entwicklung zu machen,
    8. ebenso in der Erkenntnis, dass jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung eine Verletzung der Würde und des Wertes darstellt, die jedem Menschen innewohnen,
    9. ferner in der Erkenntnis der Vielfalt der Menschen mit Behinderungen,
    10. in Anerkennung der Notwendigkeit, die Menschenrechte aller Menschen mit Behinderungen, einschließlich derjenigen, die intensivere Unterstützung benötigen, zu fördern und zu schützen,
    11. besorgt darüber, dass sich Menschen mit Behinderungen trotz dieser verschiedenen Dokumente und Verpflichtungen in allen Teilen der Welt nach wie vor Hindernissen für ihre Teilhabe als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft sowie Verletzungen ihrer Menschenrechte gegenübersehen,
    12. in Anerkennung der Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen mit Behinderungen in allen Ländern, insbesondere den Entwicklungsländern,
    13. in Anerkennung des wertvollen Beitrags, den Menschen mit Behinderungen zum allgemeinen Wohl und zur Vielfalt ihrer Gemeinschaften leisten und leisten können, und in der Erkenntnis, dass die Förderung des vollen Genusses der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderungen sowie ihrer uneingeschränkten Teilhabe ihr Zugehörigkeitsgefühl verstärken und zu erheblichen Fortschritten in der menschlichen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft und bei der Beseitigung der Armut führen wird,
    14. in der Erkenntnis, wie wichtig die individuelle Autonomie und Unabhängigkeit für Menschen mit Behinderungen ist, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen,
    15. in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit haben sollen, aktiv an Entscheidungsprozessen über politische Konzepte und über Programme mitzuwirken, insbesondere wenn diese sie unmittelbar betreffen,
    16. besorgt über die schwierigen Bedingungen, denen sich Menschen mit Behinderungen gegenübersehen, die mehrfachen oder verschärften Formen der Diskriminierung aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen, ethnischen, indigenen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt, des Alters oder des sonstigen Status ausgesetzt sind,
    17. in der Erkenntnis, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen sowohl innerhalb als auch außerhalb ihres häuslichen Umfelds oft in stärkerem Maße durch Gewalt, Verletzung oder Missbrauch, Nichtbeachtung oder Vernachlässigung, Misshandlung oder Ausbeutung gefährdet sind,
    18. in der Erkenntnis, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kindern alle Menschenrechte und Grundfreiheiten in vollem Umfang genießen sollen, und unter Hinweis auf die zu diesem Zweck von den Vertragsstaaten des Übereinkommens über die Rechte des Kindes eingegangenen Verpflichtungen,
    19. nachdrücklich darauf hinweisend, dass es notwendig ist, bei allen Anstrengungen zur Förderung des vollen Genusses der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderungen die Geschlechterperspektive einzubeziehen,
    20. unter besonderem Hinweis darauf, dass die Mehrzahl der Menschen mit Behinderungen in einem Zustand der Armut lebt, und diesbezüglich in der Erkenntnis, dass die nachteiligen Auswirkungen der Armut auf Menschen mit Behinderungen dringend angegangen werden müssen,
    21. in dem Bewusstsein, dass Frieden und Sicherheit auf der Grundlage der uneingeschränkten Achtung der in der Charta der Vereinten Nationen enthaltenen Ziele und Grundsätze sowie der Einhaltung der anwendbaren Übereinkünfte auf dem Gebiet der Menschenrechte unabdingbar sind für den umfassenden Schutz von Menschen mit Behinderungen, insbesondere in bewaffneten Konflikten oder während ausländischer Besetzung,
    22. in der Erkenntnis, wie wichtig es ist, dass Menschen mit Behinderungen vollen Zugang zur physischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Umwelt, zu Gesundheit und Bildung sowie zu Information und Kommunikation haben, damit sie alle Menschenrechte und Grundfreiheiten voll genießen können,
    23. im Hinblick darauf, dass der Einzelne gegenüber seinen Mitmenschen und der Gemeinschaft, der er angehört, Pflichten hat und gehalten ist, für die Förderung und Achtung der in der Internationalen Menschenrechtscharta anerkannten Rechte einzutreten,
    24. in der Überzeugung, dass die Familie die natürliche Kernzelle der Gesellschaft ist und Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat hat und dass Menschen mit Behinderungen und ihre Familienangehörigen den erforderlichen Schutz und die notwendige Unterstützung erhalten sollen, um es den Familien zu ermöglichen, zum vollen und gleichberechtigten Genuss der Rechte der Menschen mit Behinderungen beizutragen,
    25. in der Überzeugung, dass ein umfassendes und in sich geschlossenes internationales Übereinkommen zur Förderung und zum Schutz der Rechte und der Würde von Menschen mit Behinderungen sowohl in den Entwicklungsländern als auch in den entwickelten Ländern einen maßgeblichen Beitrag zur Beseitigung der tiefgreifenden sozialen Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen leisten und ihre Teilhabe am bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben auf der Grundlage der Chancengleichheit fördern wird,

    haben Folgendes vereinbart:

    Artikel 1: Zweck

    Zweck dieses Übereinkommens ist es, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern.

    Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.

    Artikel 2: Begriffsbestimmungen

    Im Sinne dieses Übereinkommens

    schließt „Kommunikation“ Sprachen, Textdarstellung, Brailleschrift, taktile Kommunikation, Großdruck, leicht zugängliches Multimedia sowie schriftliche, auditive, in einfache Sprache übersetzte, durch Vorleser zugänglich gemachte sowie ergänzende und alternative Formen, Mittel und Formate der Kommunikation, einschließlich leicht zugänglicher Informationsund Kommunikationstechnologie, ein;

    schließt „Sprache“ gesprochene Sprachen sowie Gebärdensprachen und andere nicht gesprochene Sprachen ein;

    bedeutet „Diskriminierung aufgrund von Behinderung“ jede Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung aufgrund von Behinderung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass das auf die Gleichberechtigung mit anderen gegründete Anerkennen, Genießen oder Ausüben aller Menschenrechte und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, bürgerlichen oder jedem anderen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird. Sie umfasst alle Formen der Diskriminierung, einschließlich der Versagung angemessener Vorkehrungen;

    bedeutet „angemessene Vorkehrungen“ notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen oder ausüben können;

    bedeutet „universelles Design“ ein Design von Produkten, Umfeldern, Programmen und Dienstleistungen in der Weise, dass sie von allen Menschen möglichst weitgehend ohne eine Anpassung oder ein spezielles Design genutzt werden können. „Universelles Design“ schließt Hilfsmittel für bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen, soweit sie benötigt werden, nicht aus.

    Artikel 3: Allgemeine Grundsätze

    Die Grundsätze dieses Übereinkommens sind:

    1. die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie,
      einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit;
    2. die Nichtdiskriminierung;
    3. die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft;
    4. die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die
      Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit;
    5. die Chancengleichheit;
    6. die Zugänglichkeit;
    7. die Gleichberechtigung von Mann und Frau;
    8. die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und
      die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität.

    Artikel 4: Allgemeine Verpflichtungen

    1. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern.
      Zu diesem Zweck verpflichten sich die Vertragsstaaten:
      1. alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen;
      2. alle geeigneten Maßnahmen einschließlich gesetzgeberischer Maßnahmen zur Änderung oder Aufhebung bestehender Gesetze, Verordnungen, Gepflogenheiten und Praktiken zu treffen, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellen;
      3. den Schutz und die Förderung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen in allen politischen Konzepten und allen Programmen zu berücksichtigen;
      4. Handlungen oder Praktiken, die mit diesem Übereinkommen unvereinbar sind,
        zu unterlassen und dafür zu sorgen, dass die staatlichen Behörden und öffentlichen Einrichtungen im Einklang mit diesem Übereinkommen handeln;
      5. alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung aufgrund von Behinderung durch Personen, Organisationen oder private Unternehmen zu ergreifen;
      6. Forschung und Entwicklung für Güter, Dienstleistungen, Geräte und Einrichtungen in universellem Design, wie in Artikel 2 definiert, die den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen mit möglichst geringem Anpassungs- und Kostenaufwand gerecht werden, zu betreiben oder zu fördern, ihre Verfügbarkeit und Nutzung zu fördern und sich bei der Entwicklung von Normen und Richtlinien für universelles Design einzusetzen;
      7. Forschung und Entwicklung für neue Technologien, die für Menschen mit Behinderungen geeignet sind, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien, Mobilitätshilfen, Geräten und unterstützenden Technologien, zu betreiben oder zu fördern sowie ihre Verfügbarkeit und Nutzung zu fördern und dabei Technologien zu erschwinglichen Kosten den Vorrang zu geben;
      8. für Menschen mit Behinderungen zugängliche Informationen über Mobilitätshilfen, Geräte und unterstützende Technologien, einschließlich neuer Technologien, sowie andere Formen von Hilfe, Unterstützungsdiensten und Einrichtungen zur Verfügung zu stellen;
      9. die Schulung von Fachkräften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu fördern, damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden können.
    2. Hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte verpflichtet sich jeder Vertragsstaat, unter Ausschöpfung seiner verfügbaren Mittel und erforderlichenfalls im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit Maßnahmen zu treffen, um nach und nach die volle Verwirklichung dieser Rechte zu erreichen, unbeschadet derjenigen Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen, die nach dem Völkerrecht sofort anwendbar sind.
    3. Bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Konzepten zur Durchführung dieses Übereinkommens und bei anderen Entscheidungsprozessen in Fragen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, führen die Vertragsstaaten mit den Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern mit Behinderungen, über die sie vertretenden Organisationen enge Konsultationen und beziehen sie aktiv ein.
    4. Dieses Übereinkommen lässt zur Verwirklichung der Rechte von Menschen mit Behinderungen besser geeignete Bestimmungen, die im Recht eines Vertragsstaats oder in dem für diesen Staat geltenden Völkerrecht enthalten sind, unberührt. Die in einem Vertragsstaat durch Gesetze, Übereinkommen, Verordnungen oder durch Gewohnheitsrecht anerkannten oder bestehenden Menschenrechte und Grundfreiheiten dürfen nicht unter dem Vorwand beschränkt oder außer Kraft gesetzt werden, dass dieses Übereinkommen derartige Rechte oder Freiheiten nicht oder nur in einem geringeren Ausmaß anerkenne.
    5. Die Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten ohne Einschränkung oder Ausnahme für alle Teile eines Bundesstaats.

    Artikel 5: Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung

    1. Die Vertragsstaaten anerkennen, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, vom Gesetz gleich zu behandeln sind und ohne Diskriminierung Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz und gleiche Vorteile durch das Gesetz haben.
    2. Die Vertragsstaaten verbieten jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung und garantieren Menschen mit Behinderungen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung, gleichviel aus welchen Gründen.
    3. Zur Förderung der Gleichberechtigung und zur Beseitigung von Diskriminierung unternehmen die Vertragsstaaten alle geeigneten Schritte, um die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen zu gewährleisten.
    4. Besondere Maßnahmen, die zur Beschleunigung oder Herbeiführung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen erforderlich sind, gelten nicht als Diskriminierung im Sinne dieses Übereinkommens.

    Artikel 6: Frauen mit Behinderungen

    1. Die Vertragsstaaten anerkennen, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt sind, und ergreifen in dieser Hinsicht Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass sie alle Menschenrechte und Grundfreiheiten voll und gleichberechtigt genießen können.
    2. Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen zur Sicherung der vollen Entfaltung, der Förderung und der Stärkung der Autonomie der Frauen, um zu garantieren, dass sie die in diesem Übereinkommen genannten Menschenrechte und Grundfreiheiten ausüben und genießen können.

    Artikel 7: Kinder mit Behinderungen

    1. Die Vertragsstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kindern alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen können.
    2. Bei allen Maßnahmen, die Kinder mit Behinderungen betreffen, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.
    3. Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen das Recht haben, ihre Meinung in allen sie berührenden Angelegenheiten gleichberechtigt mit anderen Kindern frei zu äußern, wobei ihre Meinung angemessen und entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife berücksichtigt wird, und behinderungsgerechte sowie altersgemäße Hilfe zu erhalten, damit sie dieses Recht verwirklichen können.

    Artikel 8: Bewusstseinsbildung

    1. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, sofortige, wirksame und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um
      1. in der gesamten Gesellschaft, einschließlich auf der Ebene der Familien, das Bewusstsein für Menschen mit Behinderungen zu schärfen und die Achtung ihrer Rechte und ihrer Würde zu fördern;
      2. Klischees, Vorurteile und schädliche Praktiken gegenüber Menschen mit Behinderungen, einschließlich aufgrund des Geschlechts oder des Alters, in allen Lebensbereichen zu bekämpfen;
      3. das Bewusstsein für die Fähigkeiten und den Beitrag von Menschen mit Behinderungen zu fördern.
    2. Zu den diesbezüglichen Maßnahmen gehören:
      1. die Einleitung und dauerhafte Durchführung wirksamer Kampagnen zur Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit mit dem Ziel,
        1. die Aufgeschlossenheit gegenüber den Rechten von Menschen mit Behinderungen zu erhöhen,
        2. eine positive Wahrnehmung von Menschen mit Behinderungen und ein größeres gesellschaftliches Bewusstsein ihnen gegenüber zu fördern,
        3. die Anerkennung der Fertigkeiten, Verdienste und Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen und ihres Beitrags zur Arbeitswelt und zum Arbeitsmarkt zu fördern;
      2. die Förderung einer respektvollen Einstellung gegenüber den Rechten von Menschen mit Behinderungen auf allen Ebenen des Bildungssystems, auch bei allen Kindern von früher Kindheit an;
      3. die Aufforderung an alle Medienorgane, Menschen mit Behinderungen in einer dem Zweck dieses Übereinkommens entsprechenden Weise darzustellen;
      4. die Förderung von Schulungsprogrammen zur Schärfung des Bewusstseins für Menschen mit Behinderungen und für deren Rechte.

    Artikel 9: Zugänglichkeit

    1. Um Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten. Diese Maßnahmen, welche die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren einschließen, gelten unter anderem für
      1. Gebäude, Straßen, Transportmittel sowie andere Einrichtungen in Gebäuden und im Freien, einschließlich Schulen, Wohnhäusern, medizinischer Einrichtungen und Arbeitsstätten;
      2. Informations-, Kommunikations- und andere Dienste, einschließlich elektronischer Dienste und Notdienste.
    2. Die Vertragsstaaten treffen außerdem geeignete Maßnahmen,
      1. um Mindeststandards und Leitlinien für die Zugänglichkeit von Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, auszuarbeiten und zu erlassen und ihre Anwendung zu überwachen;
      2. um sicherzustellen, dass private Rechtsträger, die Einrichtungen und Dienste, die der Öffentlichkeit offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, anbieten, alle Aspekte der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen berücksichtigen;
      3. um betroffenen Kreisen Schulungen zu Fragen der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen anzubieten;
      4. um in Gebäuden und anderen Einrichtungen, die der Öffentlichkeit offenstehen, Beschilderungen in Brailleschrift und in leicht lesbarer und verständlicher Form anzubringen;
      5. um menschliche und tierische Hilfe sowie Mittelspersonen, unter anderem Personen zum Führen und Vorlesen sowie professionelle Gebärdensprachdolmetscher und -dolmetscherinnen, zur Verfügung zu stellen mit dem Ziel, den Zugang zu Gebäuden und anderen Einrichtungen, die der Öffentlichkeit offenstehen, zu erleichtern;
      6. um andere geeignete Formen der Hilfe und Unterstützung für Menschen mit Behinderungen zu fördern, damit ihr Zugang zu Informationen gewährleistet wird;
      7. um den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, einschließlich des Internets, zu fördern;
      8. um die Gestaltung, die Entwicklung, die Herstellung und den Vertrieb zugänglicher Informations- und Kommunikationstechnologien und -systeme in einem frühen Stadium zu fördern, sodass deren Zugänglichkeit mit möglichst geringem Kostenaufwand erreicht wird.

    Artikel 10: Recht auf Leben

    Die Vertragsstaaten bekräftigen, dass jeder Mensch ein angeborenes Recht auf Leben hat, und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um den wirksamen und gleichberechtigten Genuss dieses Rechts durch Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten.

    Artikel 11: Gefahrensituationen und humanitäre Notlagen

    Die Vertragsstaaten ergreifen im Einklang mit ihren Verpflichtungen nach dem Völkerrecht, einschließlich des humanitären Völkerrechts und der internationalen Menschenrechtsnormen, alle erforderlichen Maßnahmen, um in Gefahrensituationen, einschließlich bewaffneter Konflikte, humanitärer Notlagen und Naturkatastrophen, den Schutz und die Sicherheit von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten.

    Artikel 12: Gleiche Anerkennung vor dem Recht

    1. Die Vertragsstaaten bekräftigen, dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, überall als Rechtssubjekt anerkannt zu werden.
    2. Die Vertragsstaaten anerkennen, dass Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt mit anderen Rechts- und Handlungsfähigkeit genießen.
    3. Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstützung zu verschaffen, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen.
    4. Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass zu allen die Ausübung der Rechts- und Handlungsfähigkeit betreffenden Maßnahmen im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen geeignete und wirksame Sicherungen vorgesehen werden um Missbräuche zu verhindern. Diese Sicherungen müssen gewährleisten, dass bei den Maßnahmen betreffend die Ausübung der Rechts- und Handlungsfähigkeit die Rechte, der Wille und die Präferenzen der betreffenden Person geachtet werden, es nicht zu Interessenkonflikten und missbräuchlicher Einflussnahme kommt, dass die Maßnahmen verhältnismäßig und auf die Umstände der Person zugeschnitten sind, dass sie von möglichst kurzer Dauer sind und dass sie einer regelmäßigen Überprüfung durch eine zuständige, unabhängige und unparteiische Behörde oder gerichtliche Stelle unterliegen. Die Sicherungen müssen im Hinblick auf das Ausmaß, in dem diese Maßnahmen die Rechte und Interessen der Person berühren, verhältnismäßig sein.
    5. Vorbehaltlich dieses Artikels treffen die Vertragsstaaten alle geeigneten und wirksamen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen das gleiche Recht wie andere haben, Eigentum zu besitzen oder zu erben, ihre finanziellen Angelegenheiten selbst zu regeln und gleichen Zugang zu Bankdarlehen, Hypotheken und anderen Finanzkrediten zu haben, und gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen nicht willkürlich ihr Eigentum entzogen wird.

    Artikel 13: Zugang zur Justiz

    1. Die Vertragsstaaten gewährleisten Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wirksamen Zugang zur Justiz, unter anderem durch verfahrensbezogene und altersgemäße Vorkehrungen, um ihre wirksame unmittelbare und mittelbare Teilnahme, einschließlich als Zeugen und Zeuginnen, an allen Gerichtsverfahren, auch in der Ermittlungsphase und in anderen Vorverfahrensphasen, zu erleichtern.
    2. Um zur Gewährleistung des wirksamen Zugangs von Menschen mit Behinderungen zur Justiz beizutragen, fördern die Vertragsstaaten geeignete Schulungen für die im Justizwesen tätigen Personen, einschließlich des Personals von Polizei und Strafvollzug.

    Artikel 14: Freiheit und Sicherheit der Person

    1. Die Vertragsstaaten gewährleisten,
      1. dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit genießen;
      2. dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen die Freiheit nicht rechtswidrig oder willkürlich entzogen wird, dass jede Freiheitsentziehung im Einklang mit dem Gesetz erfolgt und dass das Vorliegen einer Behinderung in keinem Fall eine Freiheitsentziehung rechtfertigt.
    2. Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen, denen aufgrund eines Verfahrens ihre Freiheit entzogen wird, gleichberechtigten Anspruch auf die in den internationalen Menschenrechtsnormen vorgesehenen Garantien haben und im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen dieses Übereinkommens behandelt werden, einschließlich durch die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen.

    Artikel 15: Freiheit von Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe

    1. Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Insbesondere darf niemand ohne seine freiwillige Zustimmung medizinischen oder wissenschaftlichen Versuchen unterworfen werden.
    2. Die Vertragsstaaten treffen alle wirksamen gesetzgeberischen, verwaltungsmäßigen, gerichtlichen oder sonstigen Maßnahmen, um auf der Grundlage der Gleichberechtigung zu verhindern, dass Menschen mit Behinderungen der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.

    Artikel 16: Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch

    1. Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial-, Bildungs- und sonstigen Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Wohnung vor jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch, einschließlich ihrer geschlechtsspezifischen Aspekte, zu schützen.
    2. Die Vertragsstaaten treffen außerdem alle geeigneten Maßnahmen, um jede Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch zu verhindern, indem sie unter anderem geeignete Formen von das Geschlecht und das Alter berücksichtigender Hilfe und Unterstützung für Menschen mit Behinderungen und ihre Familien und Betreuungspersonen gewährleisten, einschließlich durch die Bereitstellung von Informationen und Aufklärung darüber, wie Fälle von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch verhindert, erkannt und angezeigt werden können. Die Vertragsstaaten sorgen dafür, dass Schutzdienste das Alter, das Geschlecht und die Behinderung der betroffenen Personen berücksichtigen.
    3. Zur Verhinderung jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch stellen die Vertragsstaaten sicher, dass alle Einrichtungen und Programme, die für Menschen mit Behinderungen bestimmt sind, wirksam von unabhängigen Behörden überwacht werden.
    4. Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um die körperliche, kognitive und psychische Genesung, die Rehabilitation und die soziale Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderungen, die Opfer irgendeiner Form von Ausbeutung, Gewalt oder Missbrauch werden, zu fördern, auch durch die Bereitstellung von Schutzeinrichtungen. Genesung und Wiedereingliederung müssen in einer Umgebung stattfinden, die der Gesundheit, dem Wohlergehen, der Selbstachtung, der Würde und der Autonomie des Menschen förderlich ist und geschlechts- und altersspezifischen Bedürfnissen Rechnung trägt.
    5. Die Vertragsstaaten schaffen wirksame Rechtsvorschriften und politische Konzepte, einschließlich solcher, die auf Frauen und Kinder ausgerichtet sind, um sicherzustellen, dass Fälle von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch gegenüber Menschen mit Behinderungen erkannt, untersucht und gegebenenfalls strafrechtlich verfolgt werden.

    Artikel 17: Schutz der Unversehrtheit der Person

    Jeder Mensch mit Behinderungen hat gleichberechtigt mit anderen das Recht auf Achtung seiner körperlichen und seelischen Unversehrtheit.

    Artikel 18: Freizügigkeit und Staatsangehörigkeit

    1. Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Freizügigkeit, auf freie Wahl ihres Aufenthaltsorts und auf eine Staatsangehörigkeit, indem sie unter anderem gewährleisten, dass
      1. Menschen mit Behinderungen das Recht haben, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben und ihre Staatsangehörigkeit zu wechseln, und dass ihnen diese nicht willkürlich oder aufgrund von Behinderung entzogen wird;
      2. Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung die Möglichkeit versagt wird, Dokumente zum Nachweis ihrer Staatsangehörigkeit oder andere Identitätsdokumente zu erhalten, zu besitzen und zu verwenden oder einschlägige Verfahren wie Einwanderungsverfahren in Anspruch zu nehmen, die gegebenenfalls erforderlich sind, um die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit zu erleichtern;
      3. Menschen mit Behinderungen die Freiheit haben, jedes Land einschließlich ihres eigenen zu verlassen;
      4. Menschen mit Behinderungen nicht willkürlich oder aufgrund von Behinderung das Recht entzogen wird, in ihr eigenes Land einzureisen.
    2. Kinder mit Behinderungen sind unverzüglich nach ihrer Geburt in ein Register einzutragen und haben das Recht auf einen Namen von Geburt an, das Recht, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben, und soweit möglich das Recht, ihre Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden.

    Artikel 19: Unabhängige Lebens führung und Einbeziehung in die Gemeinschaft

    Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens anerkennen das gleiche Recht aller Menschen
    mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der

    Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern, indem sie unter anderem gewährleisten, dass

    1. Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben;
    2. Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer Reihe von gemeindenahen Unterstützungsdiensten zu Hause und in Einrichtungen sowie zu sonstigen gemeindenahen Unterstützungsdiensten haben, einschließlich der persönlichen Assistenz, die zur Unterstützung des Lebens in der Gemeinschaft und der Einbeziehung in die Gemeinschaft sowie zur Verhinderung von Isolation und Absonderung von der Gemeinschaft notwendig ist;
    3. gemeindenahe Dienstleistungen und Einrichtungen für die Allgemeinheit Menschen mit Behinderungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung zur Verfügung stehen und ihren Bedürfnissen Rechnung tragen.

    Artikel 20: Persönliche Mobilität

    Die Vertragsstaaten treffen wirksame Maßnahmen, um für Menschen mit Behinderungen persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen, indem sie unter anderem

    1. die persönliche Mobilität von Menschen mit Behinderungen in der Art und Weise und zum Zeitpunkt ihrer Wahl und zu erschwinglichen Kosten erleichtern;
    2. den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu hochwertigen Mobilitätshilfen, Geräten, unterstützenden Technologien und menschlicher und tierischer Hilfe sowie Mittelspersonen erleichtern, auch durch deren Bereitstellung zu erschwinglichen Kosten;
    3. Menschen mit Behinderungen und Fachkräften, die mit Menschen mit Behinderungen arbeiten, Schulungen in Mobilitätsfertigkeiten anbieten;
    4. Hersteller von Mobilitätshilfen, Geräten und unterstützenden Technologien ermutigen, alle Aspekte der Mobilität für Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen.

    Artikel 21: Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen

    Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit, einschließlich der Freiheit, Informationen und Gedankengut sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben, gleichberechtigt mit anderen und durch alle von ihnen gewählten Formen der Kommunikation im Sinne des Artikels 2 ausüben können, unter anderem indem sie

    1. Menschen mit Behinderungen für die Allgemeinheit bestimmte Informationen rechtzeitig und ohne zusätzliche Kosten in zugänglichen Formaten und Technologien, die für unterschiedliche Arten der Behinderung geeignet sind, zur Verfügung stellen;
    2. im Umgang mit Behörden die Verwendung von Gebärdensprachen, Brailleschrift, ergänzenden und alternativen Kommunikationsformen und allen sonstigen selbst gewählten zugänglichen Mitteln, Formen und Formaten der Kommunikation durch Menschen mit Behinderungen akzeptieren und erleichtern;
    3. private Rechtsträger, die, einschließlich durch das Internet, Dienste für die Allgemeinheit anbieten, dringend dazu auffordern, Informationen und Dienstleistungen in Formaten zur Verfügung zu stellen, die für Menschen mit Behinderungen zugänglich und nutzbar sind;
    4. die Massenmedien, einschließlich der Anbieter von Informationen über das Internet, dazu auffordern, ihre Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu gestalten;
    5. die Verwendung von Gebärdensprachen anerkennen und fördern.

    Artikel 22: Achtung der Privatsphäre

    1. Menschen mit Behinderungen dürfen unabhängig von ihrem Aufenthaltsort oder der Wohnform, in der sie leben, keinen willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in ihr Privatleben, ihre Familie, ihre Wohnung oder ihren Schriftverkehr oder andere Arten der Kommunikation oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen ihrer Ehre oder ihres Rufes ausgesetzt werden. Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.
    2. Die Vertragsstaaten schützen auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen die Vertraulichkeit von Informationen über die Person, die Gesundheit und die Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen.

    Artikel 23: Achtung der Wohnung und der Familie

    1. Die Vertragsstaaten treffen wirksame und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen in allen Fragen, die Ehe, Familie, Elternschaft und Partnerschaften betreffen, um zu gewährleisten, dass
      1. das Recht aller Menschen mit Behinderungen im heiratsfähigen Alter, auf der Grundlage des freien und vollen Einverständnisses der künftigen Ehegatten eine Ehe zu schließen und eine Familie zu gründen, anerkannt wird;
      2. das Recht von Menschen mit Behinderungen auf freie und verantwortungsbewusste Entscheidung über die Anzahl ihrer Kinder und die Geburtenabstände sowie auf Zugang zu altersgemäßer Information sowie Aufklärung über Fortpflanzung und Familienplanung anerkannt wird und ihnen die notwendigen Mittel zur Ausübung dieser Rechte zur Verfügung gestellt werden;
      3. Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern, gleichberechtigt mit anderen ihre Fruchtbarkeit behalten.
    2. Die Vertragsstaaten gewährleisten die Rechte und Pflichten von Menschen mit Behinderungen in Fragen der Vormundschaft, Pflegschaft 1, Personen- und Vermögenssorge, Adoption von Kindern oder ähnlichen Rechtsinstituten, soweit das innerstaatliche Recht solche kennt; in allen Fällen ist das Wohl des Kindes ausschlaggebend. Die Vertragsstaaten unterstützen Menschen mit Behinderungen in angemessener Weise bei der Wahrnehmung ihrer elterlichen Verantwortung.
    3. Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen gleiche Rechte in Bezug auf das Familienleben haben. Zur Verwirklichung dieser Rechte und mit dem Ziel, das Verbergen, das Aussetzen, die Vernachlässigung und die Absonderung von Kindern mit Behinderungen zu verhindern, verpflichten sich die Vertragsstaaten, Kindern mit Behinderungen und ihren Familien frühzeitig umfassende Informationen, Dienste und Unterstützung zur Verfügung zu stellen.
    4. Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass ein Kind nicht gegen den Willen seiner Eltern von diesen getrennt wird, es sei denn, dass die zuständigen Behörden in einer gerichtlich nachprüfbaren Entscheidung nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften und Verfahren bestimmen, dass diese Trennung zum Wohl des Kindes notwendig ist. In keinem Fall darf das Kind aufgrund einer Behinderung entweder des Kindes oder eines oder beider Elternteile von den Eltern getrennt werden.
    5. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, in Fällen, in denen die nächsten Familienangehörigen nicht in der Lage sind, für ein Kind mit Behinderungen zu sorgen, alle Anstrengungen zu unternehmen, um andere Formen der Betreuung innerhalb der weiteren Familie und, falls dies nicht möglich ist, innerhalb der Gemeinschaft in einem familienähnlichen Umfeld zu gewährleisten.

    Artikel 24: Bildung

    1. Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen mit dem Ziel,
      1. die menschlichen Möglichkeiten sowie das Bewusstsein der Würde und das Selbstwertgefühl des Menschen voll zur Entfaltung zu bringen und die Achtung vor den Menschenrechten, den Grundfreiheiten und der menschlichen Vielfalt zu stärken;
      2. Menschen mit Behinderungen ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen zu lassen;
      3. Menschen mit Behinderungen zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft zu befähigen.
    2. Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass
      1. Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden;
      2. Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben;
      3. angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Einzelnen getroffen werden;
      4. Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern;
      5. in Übereinstimmung mit dem Ziel der vollständigen Integration wirksame individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem Umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet, angeboten werden.
    3. Die Vertragsstaaten ermöglichen Menschen mit Behinderungen, lebenspraktische Fertigkeiten und soziale Kompetenzen zu erwerben, um ihre volle und gleichberechtigte Teilhabe an der Bildung und als Mitglieder der Gemeinschaft zu erleichtern. Zu diesem Zweck ergreifen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen; unter anderem
      1. erleichtern sie das Erlernen von Brailleschrift, alternativer Schrift, ergänzenden und alternativen Formen, Mitteln und Formaten der Kommunikation, den Erwerb von Orientierungs- und Mobilitätsfertigkeiten sowie die Unterstützung durch andere Menschen mit Behinderungen und das Mentoring;
      2. erleichtern sie das Erlernen der Gebärdensprache und die Förderung der sprachlichen Identität der Gehörlosen;
      3. stellen sie sicher, dass blinden, gehörlosen oder taubblinden Menschen, insbesondere Kindern, Bildung in den Sprachen und Kommunikationsformen und mit den Kommunikationsmitteln, die für den Einzelnen am besten geeignet sind, sowie in einem Umfeld vermittelt wird, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet.
    4. Um zur Verwirklichung dieses Rechts beizutragen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen zur Einstellung von Lehrkräften, einschließlich solcher mit Behinderungen, die in Gebärdensprache oder Brailleschrift ausgebildet sind, und zur Schulung von Fachkräften sowie Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auf allen Ebenen des Bildungswesens. Diese Schulung schließt die Schärfung des Bewusstseins für Behinderungen und die Verwendung geeigneter ergänzender und alternativer Formen, Mittel und Formate der Kommunikation sowie pädagogische Verfahren und Materialien zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen ein.
    5. Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen haben. Zu diesem Zweck stellen die Vertragsstaaten sicher, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen getroffen werden.

    Artikel 25: Gesundheit

    Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung. Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu geschlechtsspezifischen Gesundheitsdiensten, einschließlich gesundheitlicher Rehabilitation, haben. Insbesondere

    1. stellen die Vertragsparteien Menschen mit Behinderungen eine unentgeltliche oder erschwingliche Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard zur Verfügung wie anderen Menschen, einschließlich sexualund fortpflanzungsmedizinischer Gesundheitsleistungen und der Gesamtbevölkerung zur Verfügung stehender Programme des öffentlichen Gesundheitswesens;
    2. bieten die Vertragsstaaten die Gesundheitsleistungen an, die von Menschen mit Behinderungen speziell wegen ihrer Behinderungen benötigt werden, soweit angebracht, einschließlich Früherkennung und Frühintervention, sowie Leistungen, durch die, auch bei Kindern und älteren Menschen, weitere Behinderungen möglichst gering gehalten oder vermieden werden sollen;
    3. bieten die Vertragsstaaten diese Gesundheitsleistungen so gemeindenah wie möglich an, auch in ländlichen Gebieten;
    4. erlegen die Vertragsstaaten den Angehörigen der Gesundheitsberufe die Verpflichtung auf, Menschen mit Behinderungen eine Versorgung von gleicher Qualität wie anderen Menschen angedeihen zu lassen, namentlich auf der Grundlage der freien Einwilligung nach vorheriger Aufklärung, indem sie unter anderem durch Schulungen und den Erlass ethischer Normen für die staatliche und private Gesundheitsversorgung das Bewusstsein für die Menschenrechte, die Würde, die Autonomie und die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen schärfen;
    5. verbieten die Vertragsstaaten die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen in der Krankenversicherung und in der Lebensversicherung, soweit eine solche Versicherung nach innerstaatlichem Recht zulässig ist; solche Versicherungen sind zu fairen und angemessenen Bedingungen anzubieten;
    6. verhindern die Vertragsstaaten die diskriminierende Vorenthaltung von Gesundheitsversorgung oder -leistungen oder von Nahrungsmitteln und Flüssigkeiten aufgrund von Behinderung.

    Artikel 26: Habilitation und Rehabilitation

    1. Die Vertragsstaaten treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, einschließlich durch die Unterstützung durch andere Menschen mit Behinderungen, um Menschen mit Behinderungen in die Lage zu versetzen, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit, umfassende körperliche, geistige, soziale und beruf­liche Fähigkeiten sowie die volle Einbeziehung in alle Aspekte des Lebens und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu erreichen und zu bewahren. Zu diesem Zweck organisieren, stärken und erweitern die Vertragsstaaten umfassende Habilitations- und Rehabilitationsdienste und -programme, insbesondere auf dem Gebiet der Gesundheit, der Beschäftigung, der Bildung und der Sozialdienste, und zwar so, dass diese Leistungen und Programme
      1. im frühestmöglichen Stadium einsetzen und auf einer multidisziplinären Bewertung der individuellen Bedürfnisse und Stärken beruhen;
      2. die Einbeziehung in die Gemeinschaft und die Gesellschaft in allen ihren Aspekten sowie die Teilhabe daran unterstützen, freiwillig sind und Menschen mit Behinderungen so gemeindenah wie möglich zur Verfügung stehen, auch in ländlichen Gebieten.
    2. Die Vertragsstaaten fördern die Entwicklung der Aus- und Fortbildung für Fachkräfte und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Habilitations- und Rehabilitationsdiensten.
    3. Die Vertragsstaaten fördern die Verfügbarkeit, die Kenntnis und die Verwendung unterstützender Geräte und Technologien, die für Menschen mit Behinderungen bestimmt sind, für die Zwecke der Habilitation und Rehabilitation.

    Artikel 27: Arbeit und Beschäftigung

    1. Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit; dies beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird. Die Vertragsstaaten sichern und fördern die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit, einschließlich für Menschen, die während der Beschäftigung eine Behinderung erwerben, durch geeignete Schritte, einschließlich des Erlasses von Rechtsvorschriften, um unter anderem
      1. Diskriminierung aufgrund von Behinderung in allen Angelegenheiten im Zusammenhang mit einer Beschäftigung gleich welcher Art, einschließlich der Auswahl-, Einstellungs- und Beschäftigungsbedingungen, der Weiterbeschäftigung, des beruflichen Aufstiegs sowie sicherer und gesunder Arbeitsbedingungen, zu verbieten;
      2. das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, einschließlich Chancengleichheit und gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit, auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, einschließlich Schutz vor Belästigungen, und auf Abhilfe bei Missständen zu schützen;
      3. zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen ihre Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte gleichberechtigt mit anderen ausüben können;
      4. Menschen mit Behinderungen wirksamen Zugang zu allgemeinen fachlichen und beruflichen Beratungsprogrammen, Stellenvermittlung sowie Berufsausbildung und Weiterbildung zu ermöglichen;
      5. für Menschen mit Behinderungen Beschäftigungsmöglichkeiten und beruflichen Aufstieg auf dem Arbeitsmarkt sowie die Unterstützung bei der Arbeitssuche, beim Erhalt und der Beibehaltung eines Arbeitsplatzes und beim beruf­lichen Wiedereinstieg zu fördern;
      6. Möglichkeiten für Selbständigkeit, Unternehmertum, die Bildung von Genossenschaften und die Gründung eines eigenen Geschäfts zu fördern;
      7. Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Sektor zu beschäftigen;
      8. die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen im privaten Sektor durch geeignete Strategien und Maßnahmen zu fördern, wozu auch Programme für positive Maßnahmen, Anreize und andere Maßnahmen gehören können;
      9. sicherzustellen, dass am Arbeitsplatz angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen getroffen werden;
      10. das Sammeln von Arbeitserfahrung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch Menschen mit Behinderungen zu fördern;
      11. Programme für die berufliche Rehabilitation, den Erhalt des Arbeitsplatzes und den beruflichen Wiedereinstieg von Menschen mit Behinderungen zu fördern.
    2. Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen nicht in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden und dass sie gleichberechtigt mit anderen vor Zwangs- oder Pflichtarbeit geschützt werden.

    Artikel 28: Angemessener Lebensstandard und sozialer Schutz

    1. Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf einen angemessenen Lebensstandard für sich selbst und ihre Familien, einschließlich angemessener Ernährung, Bekleidung und Wohnung, sowie auf eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen und unternehmen geeignete Schritte zum Schutz und zur Förderung der Verwirklichung dieses Rechts ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung.
    2. Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf sozialen Schutz und den Genuss dieses Rechts ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung und unternehmen geeignete Schritte zum Schutz und zur Förderung der Verwirklichung dieses Rechts, einschließlich Maßnahmen, um
      1. Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zur Versorgung mit sauberem Wasser und den Zugang zu geeigneten und erschwinglichen Dienstleistungen, Geräten und anderen Hilfen für Bedürfnisse im Zusammenhang mit ihrer Behinderung zu sichern;
      2. Menschen mit Behinderungen, insbesondere Frauen und Mädchen sowie älteren Menschen mit Behinderungen, den Zugang zu Programmen für sozialen Schutz und Programmen zur Armutsbekämpfung zu sichern;
      3. in Armut lebenden Menschen mit Behinderungen und ihren Familien den Zugang zu staatlicher Hilfe bei behinderungsbedingten Aufwendungen, einschließlich ausreichender Schulung, Beratung, finanzieller Unterstützung sowie Kurzzeitbetreuung, zu sichern;
      4. Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Programmen des sozialen Wohnungsbaus zu sichern;
      5. Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu Leistungen und Programmen der Altersversorgung zu sichern.

    Artikel 29: Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben

    1. Die Vertragsstaaten garantieren Menschen mit Behinderungen die politischen Rechte sowie die Möglichkeit, diese gleichberechtigt mit anderen zu genießen, und verpflichten sich,
      1. sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wirksam und umfassend am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können, sei es unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter oder Vertreterinnen, was auch das Recht und die Möglichkeit einschließt, zu wählen und gewählt zu werden; unter anderem
        1. stellen sie sicher, dass die Wahlverfahren, -einrichtungen und -materialien geeignet, zugänglich und leicht zu verstehen und zu handhaben sind;
        2. schützen sie das Recht von Menschen mit Behinderungen, bei Wahlen und Volksabstimmungen in geheimer Abstimmung ohne Einschüchterung ihre Stimme abzugeben, bei Wahlen zu kandidieren, ein Amt wirksam innezuhaben und alle öffentlichen Aufgaben auf allen Ebenen staatlicher Tätigkeit wahrzunehmen, indem sie gegebenenfalls die Nutzung unterstützender und neuer Technologien erleichtern;
        3. garantieren sie die freie Willensäußerung von Menschen mit Behinderungen als Wähler und Wählerinnen und erlauben zu diesem Zweck im Bedarfsfall auf Wunsch, dass sie sich bei der Stimmabgabe durch eine Person ihrer Wahl unterstützen lassen;
      2. aktiv ein Umfeld zu fördern, in dem Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen wirksam und umfassend an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten mitwirken können, und ihre Mitwirkung an den öffentlichen Angelegenheiten zu begünstigen, unter anderem
        1. die Mitarbeit in nichtstaatlichen Organisationen und Vereinigungen, die sich mit dem öffentlichen und politischen Leben ihres Landes befassen, und an den Tätigkeiten und der Verwaltung politischer Parteien;
        2. die Bildung von Organisationen von Menschen mit Behinderungen, die sie auf internationaler, nationaler, regionaler und lokaler Ebene vertreten, und den Beitritt zu solchen Organisationen.

    Artikel 30: Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport

    1. Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilzunehmen, und treffen alle geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen
      1. Zugang zu kulturellem Material in zugänglichen Formaten haben;
      2. Zugang zu Fernsehprogrammen, Filmen, Theatervorstellungen und anderen kulturellen Aktivitäten in zugänglichen Formaten haben;
      3. Zugang zu Orten kultureller Darbietungen oder Dienstleistungen, wie Theatern, Museen, Kinos, Bibliotheken und Tourismusdiensten, sowie, so weit wie möglich, zu Denkmälern und Stätten von nationaler kultureller Bedeutung haben.
    2. Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit zu geben, ihr kreatives, künstlerisches und intellektuelles Potenzial zu entfalten und zu nutzen, nicht nur für sich selbst, sondern auch zur Bereicherung der Gesellschaft.
    3. Die Vertragsstaaten unternehmen alle geeigneten Schritte im Einklang mit dem Völkerrecht, um sicherzustellen, dass Gesetze zum Schutz von Rechten des geistigen Eigentums keine ungerechtfertigte oder diskriminierende Barriere für den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu kulturellem Material darstellen.
    4. Menschen mit Behinderungen haben gleichberechtigt mit anderen Anspruch auf Anerkennung und Unterstützung ihrer spezifischen kulturellen und sprachlichen Identität, einschließlich der Gebärdensprachen und der Gehörlosenkultur.
    5. Mit dem Ziel, Menschen mit Behinderungen die gleichberechtigte Teilnahme an Erholungs-, Freizeit- und Sportaktivitäten zu ermöglichen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen,
      1. um Menschen mit Behinderungen zu ermutigen, so umfassend wie möglich an breitensportlichen Aktivitäten auf allen Ebenen teilzunehmen, und ihre Teilnahme zu fördern;
      2. um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit haben, behinderungsspezifische Sport- und Erholungsaktivitäten zu organisieren, zu entwickeln und an solchen teilzunehmen, und zu diesem Zweck die Bereitstellung eines geeigneten Angebots an Anleitung, Training und Ressourcen auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen zu fördern;
      3. um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu Sport-, Erholungs- und Tourismusstätten haben;
      4. um sicherzustellen, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kindern an Spiel-, Erholungs-, Freizeit- und Sportaktivitäten teilnehmen können, einschließlich im schulischen Bereich;
      5. um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu Dienstleistungen der Organisatoren von Erholungs-, Tourismus-, Freizeit- und Sportaktivitäten haben.

    Artikel 31: Statistik und Datensammlung

    1. Die Vertragsstaaten verpflichten sich zur Sammlung geeigneter Informationen, einschließlich statistischer Angaben und Forschungsdaten, die ihnen ermöglichen, politische Konzepte zur Durchführung dieses Übereinkommens auszuarbeiten und umzusetzen. Das Verfahren zur Sammlung und Aufbewahrung dieser Informationen muss
      1. mit den gesetzlichen Schutzvorschriften, einschließlich der Rechtsvorschriften über den Datenschutz, zur Sicherung der Vertraulichkeit und der Achtung der Privatsphäre von Menschen mit Behinderungen im Einklang stehen;
      2. mit den international anerkannten Normen zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und den ethischen Grundsätzen für die Sammlung und Nutzung statistischer Daten im Einklang stehen.
    2. Die im Einklang mit diesem Artikel gesammelten Informationen werden, soweit angebracht, aufgeschlüsselt und dazu verwendet, die Umsetzung der Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen durch die Vertragsstaaten zu beurteilen und die Hindernisse, denen sich Menschen mit Behinderungen bei der Ausübung ihrer Rechte gegenübersehen, zu ermitteln und anzugehen.
    3. Die Vertragsstaaten übernehmen die Verantwortung für die Verbreitung dieser Statistiken und sorgen dafür, dass sie für Menschen mit Behinderungen und andere zugänglich sind.

    Artikel 32: Internationale Zusammenarbeit

    1. Die Vertragsstaaten anerkennen die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und deren Förderung zur Unterstützung der einzelstaatlichen Anstrengungen für die Verwirklichung des Zwecks und der Ziele dieses Übereinkommens und treffen diesbezüglich geeignete und wirksame Maßnahmen, zwischenstaatlich sowie, soweit angebracht, in Partnerschaft mit den einschlägigen internationalen und regionalen Organisationen und der Zivilgesellschaft, insbesondere Organisationen von Menschen mit Behinderungen. Unter anderem können sie Maßnahmen ergreifen, um
      1. sicherzustellen, dass die internationale Zusammenarbeit, einschließlich internationaler Entwicklungsprogramme, Menschen mit Behinderungen einbezieht und für sie zugänglich ist;
      2. den Aufbau von Kapazitäten zu erleichtern und zu unterstützen, unter anderem durch den Austausch und die Weitergabe von Informationen, Erfahrungen, Ausbildungsprogrammen und vorbildlichen Praktiken;
      3. die Forschungszusammenarbeit und den Zugang zu wissenschaftlichen und technischen Kenntnissen zu erleichtern;
      4. soweit angebracht, technische und wirtschaftliche Hilfe zu leisten, unter anderem durch Erleichterung des Zugangs zu zugänglichen und unterstützenden Technologien und ihres Austauschs sowie durch Weitergabe von Technologien.
    2. Dieser Artikel berührt nicht die Pflicht jedes Vertragsstaats, seine Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen zu erfüllen.

    Artikel 33: Innerstaatliche Durchführung und Überwachung

    1. Die Vertragsstaaten bestimmen nach Maßgabe ihrer staatlichen Organisation eine oder mehrere staatliche Anlaufstellen für Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Übereinkommens und prüfen sorgfältig die Schaffung oder Bestimmung eines staatlichen Koordinierungsmechanismus, der die Durchführung der entsprechenden Maßnahmen in verschiedenen Bereichen und auf verschiedenen Ebenen erleichtern soll.
    2. Die Vertragsstaaten unterhalten, stärken, bestimmen oder schaffen nach Maßgabe ihres Rechts- und Verwaltungssystems auf einzelstaatlicher Ebene für die Förderung, den Schutz und die Überwachung der Durchführung dieses Übereinkommens eine Struktur, die, je nachdem, was angebracht ist, einen oder mehrere unabhängige Mechanismen einschließt. Bei der Bestimmung oder Schaffung eines solchen Mechanismus berücksichtigen die Vertragsstaaten die Grundsätze betreffend die Rechtsstellung und die Arbeitsweise der einzelstaatlichen Institutionen zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte.
    3. Die Zivilgesellschaft, insbesondere Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen, wird in den Überwachungsprozess einbezogen und nimmt in vollem Umfang daran teil.

    Artikel 34: Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen

    1. Es wird ein Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (im Folgenden als „Ausschuss“ bezeichnet) eingesetzt, der die nachstehend festgelegten Aufgaben wahrnimmt.
    2. Der Ausschuss besteht zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens aus zwölf Sachverständigen. Nach sechzig weiteren Ratifikationen oder Beitritten zu dem Übereinkommen erhöht sich die Zahl der Ausschussmitglieder um sechs auf die Höchstzahl von achtzehn.
    3. Die Ausschussmitglieder sind in persönlicher Eigenschaft tätig und müssen Persönlichkeiten von hohem sittlichen Ansehen und anerkannter Sachkenntnis und Erfahrung auf dem von diesem Übereinkommen erfassten Gebiet sein. Die Vertragsstaaten sind aufgefordert, bei der Benennung ihrer Kandidaten oder Kandidatinnen Artikel 4 Absatz 3 gebührend zu berücksichtigen.
    4. Die Ausschussmitglieder werden von den Vertragsstaaten gewählt, wobei auf eine gerechte geografische Verteilung, die Vertretung der verschiedenen Kulturkreise und der hauptsächlichen Rechtssysteme, die ausgewogene Vertretung der Geschlechter und die Beteiligung von Sachverständigen mit Behinderungen zu achten ist.
    5. Die Ausschussmitglieder werden auf Sitzungen der Konferenz der Vertragsstaaten in geheimer Wahl aus einer Liste von Personen gewählt, die von den Vertragsstaaten aus dem Kreis ihrer Staatsangehörigen benannt worden sind. Auf diesen Sitzungen, die beschlussfähig sind, wenn zwei Drittel der Vertragsstaaten vertreten sind, gelten diejenigen Kandidaten oder Kandidatinnen als in den Ausschuss gewählt, welche die höchste Stimmenzahl und die absolute Stimmenmehrheit der anwesenden und abstimmenden Vertreter beziehungsweise Vertreterinnen der Vertragsstaaten auf sich vereinigen.
    6. Die erste Wahl findet spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens statt. Spätestens vier Monate vor jeder Wahl fordert der Generalsekretär der Vereinten Nationen die Vertragsstaaten schriftlich auf, innerhalb von zwei Monaten ihre Benennungen einzureichen. Der Generalsekretär fertigt sodann eine alphabetische Liste aller auf diese Weise benannten Personen an, unter Angabe der Vertragsstaaten, die sie benannt haben, und übermittelt sie den Vertragsstaaten.
    7. Die Ausschussmitglieder werden für vier Jahre gewählt. Ihre einmalige Wiederwahl ist zulässig. Die Amtszeit von sechs der bei der ersten Wahl gewählten Mitglieder läuft jedoch nach zwei Jahren ab; unmittelbar nach der ersten Wahl werden die Namen dieser sechs Mitglieder von dem oder der Vorsitzenden der in Absatz 5 genannten Sitzung durch das Los bestimmt.
    8. Die Wahl der sechs zusätzlichen Ausschussmitglieder findet bei den ordentlichen Wahlen im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen dieses Artikels statt.
    9. Wenn ein Ausschussmitglied stirbt oder zurücktritt oder erklärt, dass es aus anderen Gründen seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann, ernennt der Vertragsstaat, der das Mitglied benannt hat, für die verbleibende Amtszeit eine andere sachverständige Person, die über die Befähigungen verfügt und die Voraussetzungen erfüllt, die in den einschlägigen Bestimmungen dieses Artikels beschrieben sind.
    10. Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.
    11. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen stellt dem Ausschuss das Personal und die Einrichtungen zur Verfügung, die dieser zur wirksamen Wahrnehmung seiner Aufgaben nach diesem Übereinkommen benötigt, und beruft seine erste Sitzung ein.
    12. Die Mitglieder des nach diesem Übereinkommen eingesetzten Ausschusses erhalten mit Zustimmung der Generalversammlung der Vereinten Nationen Bezüge aus Mitteln der Vereinten Nationen zu den von der Generalversammlung unter Berücksichtigung der Bedeutung der Aufgaben des Ausschusses zu beschließenden Bedingungen.
    13. Die Ausschussmitglieder haben Anspruch auf die Erleichterungen, Vorrechte und Immunitäten der Sachverständigen im Auftrag der Vereinten Nationen, die in den einschlägigen Abschnitten des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen vorgesehen sind.

    Artikel 35: Berichte der Vertragsstaaten

    1. Jeder Vertragsstaat legt dem Ausschuss über den Generalsekretär der Vereinten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens für den betreffenden Vertragsstaat einen umfassenden Bericht über die Maßnahmen, die er zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Übereinkommen getroffen hat, und über die dabei erzielten Fortschritte vor.
    2. Danach legen die Vertragsstaaten mindestens alle vier Jahre und darüber hinaus jeweils auf Anforderung des Ausschusses Folgeberichte vor.
    3. Der Ausschuss beschließt gegebenenfalls Leitlinien für den Inhalt der Berichte.
    4. Ein Vertragsstaat, der dem Ausschuss einen ersten umfassenden Bericht vorgelegt hat, braucht in seinen Folgeberichten die früher mitgeteilten Angaben nicht zu wiederholen. Die Vertragsstaaten sind gebeten, ihre Berichte an den Ausschuss in einem offenen und transparenten Verfahren zu erstellen und dabei Artikel 4 Absatz 3 gebührend zu berücksichtigen.
    5. In den Berichten kann auf Faktoren und Schwierigkeiten hingewiesen werden, die das Ausmaß der Erfüllung der Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen beeinflussen.

    Artikel 36: Prüfung der Berichte

    1. Der Ausschuss prüft jeden Bericht; er kann ihn mit den ihm geeignet erscheinenden Vorschlägen und allgemeinen Empfehlungen versehen und leitet diese dem betreffenden Vertragsstaat zu. Dieser kann dem Ausschuss hierauf jede Information übermitteln, die er zu geben wünscht. Der Ausschuss kann die Vertragsstaaten um weitere Angaben über die Durchführung dieses Übereinkommens ersuchen.
    2. Liegt ein Vertragsstaat mit der Vorlage eines Berichts in erheblichem Rückstand, so kann der Ausschuss dem betreffenden Vertragsstaat notifizieren, dass die Durchführung dieses Übereinkommens im betreffenden Vertragsstaat auf der Grundlage der dem Ausschuss zur Verfügung stehenden zuverlässigen Informationen geprüft werden muss, falls der Bericht nicht innerhalb von drei Monaten nach dieser Notifikation vorgelegt wird. Der Ausschuss fordert den betreffenden Vertragsstaat auf, bei dieser Prüfung mitzuwirken. Falls der Vertragsstaat daraufhin den Bericht vorlegt, findet Absatz 1 Anwendung.
    3. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen stellt die Berichte allen Vertragsstaaten zur Verfügung.
    4. Die Vertragsstaaten sorgen für eine weite Verbreitung ihrer Berichte im eigenen Land und erleichtern den Zugang zu den Vorschlägen und allgemeinen Empfehlungen zu diesen Berichten.
    5. Der Ausschuss übermittelt, wenn er dies für angebracht hält, den Sonderorganisationen, Fonds und Programmen der Vereinten Nationen und anderen zuständigen Stellen Berichte der Vertragsstaaten, damit ein darin enthaltenes Ersuchen um fachliche Beratung oder Unterstützung oder ein darin enthaltener Hinweis, dass ein diesbezügliches Bedürfnis besteht, aufgegriffen werden kann; etwaige Bemerkungen und Empfehlungen des Ausschusses zu diesen Ersuchen oder Hinweisen werden beigefügt.

    Artikel 37: Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten und dem Ausschuss

    1. Jeder Vertragsstaat arbeitet mit dem Ausschuss zusammen und ist seinen Mitgliedern bei der Erfüllung ihres Mandats behilflich.
    2. In seinen Beziehungen zu den Vertragsstaaten prüft der Ausschuss gebührend Möglichkeiten zur Stärkung der einzelstaatlichen Fähigkeiten zur Durchführung dieses Übereinkommens, einschließlich durch internationale Zusammenarbeit.

    Artikel 38: Beziehungen des Ausschusses zu anderen Organen

    Um die wirksame Durchführung dieses Übereinkommens und die internationale Zusammenarbeit auf dem von dem Übereinkommen erfassten Gebiet zu fördern,

    1. haben die Sonderorganisationen und andere Organe der Vereinten Nationen das Recht, bei der Erörterung der Durchführung derjenigen Bestimmungen des Übereinkommens, die in ihren Aufgabenbereich fallen, vertreten zu sein. Der Ausschuss kann, wenn er dies für angebracht hält, Sonderorganisationen und andere zuständige Stellen einladen, sachkundige Stellungnahmen zur Durchführung des Übereinkommens auf Gebieten abzugeben, die in ihren jeweiligen Aufgabenbereich fallen. Der Ausschuss kann Sonderorganisationen und andere Organe der Vereinten Nationen einladen, ihm Berichte über die Durchführung des Übereinkommens auf den Gebieten vorzulegen, die in ihren Tätigkeitsbereich fallen;
    2. konsultiert der Ausschuss bei der Wahrnehmung seines Mandats, soweit angebracht, andere einschlägige Organe, die durch internationale Menschenrechtsverträge geschaffen wurden, mit dem Ziel, die Kohärenz ihrer jeweiligen Berichterstattungsleitlinien, Vorschläge und allgemeinen Empfehlungen zu gewährleisten sowie Doppelungen und Überschneidungen bei der Durchführung ihrer Aufgaben zu vermeiden.

    Artikel 39: Bericht des Ausschusses

    Der Ausschuss berichtet der Generalversammlung und dem Wirtschafts- und Sozialrat alle zwei Jahre über seine Tätigkeit und kann aufgrund der Prüfung der von den Vertragsstaaten eingegangenen Berichte und Auskünfte Vorschläge machen und allgemeine Empfehlungen abgeben. Diese werden zusammen mit etwaigen Stellungnahmen der Vertragsstaaten in den Ausschussbericht aufgenommen.

    Artikel 40: Konferenz der Vertragsstaaten

    1. Die Vertragsstaaten treten regelmäßig in einer Konferenz der Vertragsstaaten zusammen, um jede Angelegenheit im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Übereinkommens zu behandeln.
    2. Die Konferenz der Vertragsstaaten wird vom Generalsekretär der Vereinten Nationen spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens einberufen. Die folgenden Treffen werden vom Generalsekretär alle zwei Jahre oder auf Beschluss der Konferenz der Vertragsstaaten einberufen.

    Artikel 41: Verwahrer 2

    Der Generalsekretär der Vereinten Nationen ist Verwahrer3 dieses Übereinkommens.

    Artikel 42: Unterzeichnung

    Dieses Übereinkommen liegt für alle Staaten und für Organisationen der regionalen Integration ab dem 30. März 2007 am Sitz der Vereinten Nationen in New York zur Unterzeichnung auf.

    Artikel 43: Zustimmung, gebunden zu sein

    Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation durch die Unterzeichnerstaaten und der förmlichen Bestätigung durch die unterzeichnenden Organisationen der regionalen Integration. Es steht allen Staaten oder Organisationen der regionalen Integration, die das Übereinkommen nicht unterzeichnet haben, zum Beitritt offen.

    Artikel 44: Organisationen der regionalen Integration

    1. Der Ausdruck „Organisation der regionalen Integration“ bezeichnet eine von souveränen Staaten einer bestimmten Region gebildete Organisation, der ihre Mitgliedstaaten die Zuständigkeit für von diesem Übereinkommen erfasste Angelegenheiten übertragen haben. In ihren Urkunden der förmlichen Bestätigung oder Beitrittsurkunden erklären diese Organisationen den Umfang ihrer Zuständigkeiten in Bezug auf die durch dieses Übereinkommen erfassten Angelegenheiten. Danach teilen sie dem Verwahrer4 jede erhebliche Änderung des Umfangs ihrer Zuständigkeiten mit.
    2. Bezugnahmen auf „Vertragsstaaten“ in diesem Übereinkommen finden auf solche Organisationen im Rahmen ihrer Zuständigkeit Anwendung.
    3. Für die Zwecke des Artikels 45 Absatz 1 und des Artikels 47 Absätze 2 und 3 wird eine von einer Organisation der regionalen Integration hinterlegte Urkunde nicht mitgezählt.
    4. Organisationen der regionalen Integration können in Angelegenheiten ihrer Zuständigkeit ihr Stimmrecht in der Konferenz der Vertragsstaaten mit der Anzahl von Stimmen ausüben, die der Anzahl ihrer Mitgliedstaaten entspricht, die Vertragsparteien dieses Übereinkommenssind. Diese Organisationen üben ihr Stimmrecht nicht aus, wenn einer ihrer Mitgliedstaaten sein Stimmrecht ausübt, und umgekehrt.

    Artikel 45: Inkrafttreten

    1. Dieses Übereinkommen tritt am dreißigsten Tag nach Hinterlegung der zwanzigsten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.
    2. Für jeden Staat und jede Organisation der regionalen Integration, der beziehungsweise die dieses Übereinkommen nach Hinterlegung der zwanzigsten entsprechenden Urkunde ratifiziert, förmlich bestätigt oder ihm beitritt, tritt das Übereinkommen am dreißigsten Tag nach Hinterlegung der eigenen Urkunde in Kraft.

    Artikel 46: Vorbehalte

    1. Vorbehalte, die mit Ziel und Zweck dieses Übereinkommens unvereinbar sind, sind nicht zulässig.
    2. Vorbehalte können jederzeit zurückgenommen werden.

    Artikel 47: Änderungen

    1. Jeder Vertragsstaat kann eine Änderung dieses Übereinkommens vorschlagen und beim Generalsekretär der Vereinten Nationen einreichen. Der Generalsekretär übermittelt jeden Änderungsvorschlag den Vertragsstaaten mit der Aufforderung, ihm zu notifizieren, ob sie eine Konferenz der Vertragsstaaten zur Beratung und Entscheidung über den Vorschlag befürworten. Befürwortet innerhalb von vier Monaten nach dem Datum der Übermittlung wenigstens ein Drittel der Vertragsstaaten eine solche Konferenz, so beruft der Generalsekretär die Konferenz unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen ein. Jede Änderung, die von einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden und abstimmenden Vertragsstaaten beschlossen wird, wird vom Generalsekretär der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Genehmigung und danach allen Vertragsstaaten zur Annahme vorgelegt.
    2. Eine nach Absatz 1 beschlossene und genehmigte Änderung tritt am dreißigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die Anzahl der hinterlegten Annahmeurkunden zwei Drittel der Anzahl der Vertragsstaaten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Änderung erreicht. Danach tritt die Änderung für jeden Vertragsstaat am dreißigsten Tag nach Hinterlegung seiner eigenen Annahmeurkunde in Kraft. Eine Änderung ist nur für die Vertragsstaaten, die sie angenommen haben, verbindlich.
    3. Wenn die Konferenz der Vertragsstaaten dies im Konsens beschließt, tritt eine nach Absatz 1 beschlossene und genehmigte Änderung, die ausschließlich die Artikel 34, 38, 39 und 40 betrifft, für alle Vertragsstaaten am dreißigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die Anzahl der hinterlegten Annahmeurkunden zwei Drittel der Anzahl der Vertragsstaaten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Änderung erreicht.

    Artikel 48: Kündigung

    Ein Vertragsstaat kann dieses Übereinkommen durch eine an den Generalsekretär der Vereinten Nationen gerichtete schriftliche Notifikation kündigen. Die Kündigung wird ein Jahr nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär wirksam.

    Artikel 49: Zugängliches Format

    Der Wortlaut dieses Übereinkommens wird in zugänglichen Formaten zur Verfügung gestellt.

    Artikel 50: Verbindliche Wortlaute

    Der arabische, der chinesische, der englische, der französische, der russische und der spanische Wortlaut dieses Übereinkommens sind gleichermaßen verbindlich. Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten, von ihren Regierungen hierzu gehörig befugten Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterschrieben.

    1. Schweiz: Beistandschaft ↩︎
    2. Österreich, Schweiz: Depositar ↩︎
    3. Österreich, Schweiz: Depositar ↩︎
    4. Österreich, Schweiz: Depositar ↩︎

    Quelle: institut-fuer-menschenrechte.de

  • Richtlinien zur Pflegeberatung nach § 7a SGB XI

    Richtlinien zur Pflegeberatung nach § 7a SGB XI

    Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur einheitlichen Durchführung der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI vom 7. Mai 2018 (Pflegeberatungs-Richtlinien) geändert durch Beschluss vom 09.01.2024

    Inhaltsverzeichnis

    Einleitung

    Der GKV-Spitzenverband 1 hat unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund auf der Grundlage von § 17 Absatz 1a Satz 1 SGB XI am 7. Mai 2018 die nachfolgenden Richtlinien zur einheitlichen Durchführung der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI beschlossen. 2 Den Ländern, dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe, den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, den Verbänden der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sowie den Verbänden der Pflegeberufe auf Bundesebene, unabhängigen Sachverständigen und den maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen sowie ihrer Angehörigen wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der GKV-Spitzenverband hat die Richtlinien auf der Grundlage von § 17 Absatz 1a Satz 4 SGB XI unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene sowie der Länder ergänzt. 3 Aufgrund des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) und des Digitale-Versorgung und Pflege-Modernisierungs-Gesetzes (DVPMG) wurden die Richtlinien am 20.12.2021 4 sowie auf der Grundlage der Nationalen Demenzstrategie am 19.06.2023 5 und zuletzt am 09.01.2024 auf Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit zum Thema „Hitzeschutz“ geändert. Das Bundesministerium für Gesundheit hat die Richtlinien am 31.01.2024 genehmigt.


    Fußnoten:

    1 Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Pflegekassen gemäß § 53 SGB XI.

    2 Das Bundesministerium für Gesundheit hat die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur einheitlichen Durchführung der Pflegeberatungnach § 7a SGB XI vom 7. Mai 2018 (Pflegeberatungs-Richtlinien) am 31. Mai 2018 genehmigt.

    3 Die Richtlinien wurden in geänderter Fassung am 5. Oktober 2020 beschlossen und am 7. November 2020 vom Bundesministerium für
    Gesundheit genehmigt.

    4 Mit Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit am 14.01.2022.

    5 Mit Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit am 19.07.2023.

    Präambel

    Der mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz eingeführte § 7a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) normiert einen Anspruch auf eine umfassende individuelle Pflegeberatung im Sinne eines
    Fallmanagements. Seit dem 01.01.2009 haben Personen, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten sowie Personen, die einen Antrag auf Pflegeleistungen gestellt und erkennbar einen Hilfeund Beratungsbedarf haben, einen Anspruch auf eine individuelle Pflegeberatung nach § 7a SGB XI.

    Dieser Individualanspruch wurde durch das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) erweitert. Auf Wunsch einer anspruchsberechtigten Person nach § 7a Absatz 1 Satz 1 SGB XI erfolgt die Pflegeberatung auch gegenüber Angehörigen und weiteren Personen. Ferner haben Pflegeberaterinnen und Pflegeberater gemäß § 7a Absatz 1 Satz 3 Nr. 6 SGB XI auch über Leistungen zur Entlastung der Pflegepersonen zu informieren. Durch das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz wurde der Regelungstatbestand des § 7b Absatz 1 Satz 1 SGB XI erweitert. Die Pflegekasse hat der versicherten Person nicht nur dann einen
    Beratungstermin anzubieten oder einen Beratungsgutschein auszustellen, wenn ein erstmaliger Antrag auf Leistung oder weitere Anträge auf Leistungen nach den in § 7b SGB XI genannten
    Paragraphen eingehen, sondern auch nach dem erklärten Bedarf einer Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Darüber hinaus ist dabei ausdrücklich auf die Möglichkeit des individuellen Versorgungsplans hinzuweisen und über dessen Nutzen aufzuklären. Durch das Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz wurde die Pflegeberatung um digitale Beratungsangebote ergänzt. Auf Wunsch einer anspruchsberechtigten Person kann die
    Pflegeberatung durch barrierefreie digitale Angebote der Pflegekassen ergänzt werden und in diesem Rahmen mittels barrierefreier digitaler Anwendungen erfolgen. 6

    Die Richtlinien zur einheitlichen Durchführung der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI geben einheitliche Maßstäbe und Grundsätze für die Pflegeberatung vor, insbesondere für das Verfahren und die Inhalte der Pflegeberatung als Beratungsprozess einschließlich des einheitlich strukturierten Versorgungsplans sowie dessen elektronischen Austausch 7. Hierdurch soll erreicht werden, dass der Zugang zu Sozialleistungen und sozialen Hilfen verbessert, das
    Selbstbestimmungsrecht der pflegebedürftigen Person gestärkt und Pflegebedürftige und ihre Angehörigen in der Pflegesituation unterstützt werden und die Verbraucher- und Dienstleistungsorientierung der durch unterschiedliche Personen und Stellen durchgeführten Pflegeberatung für die ratsuchenden Versicherten und ihre Angehörigen oder weitere Personen
    sichergestellt ist. Zugleich soll die Zweckmäßigkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Beratungstätigkeit durch eine abgestimmte Vorgehensweise eines einheitlichen Beratungsprozesses sowie die Einbindung der an dem Versorgungsprozess der versicherten Person Beteiligten gewährleistet werden.


    Fußnoten:

    6 Zur Umsetzung der Video-Pflegeberatung und digitaler Anwendungen im Rahmen der Pflegeberatung sind erwartungsgemäß noch erforderliche technische Voraussetzungen zu schaffen, so dass digitale Angebote und Anwendungen mit Inkrafttreten der Richtlinien gegebenenfalls noch nicht zur Verfügung stehen. Auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme digitaler Angebote und Anwendungen ist daher nach Inkrafttreten der Richtlinien hinzuwirken.

    7 Siehe auch „Technische Beschreibung zur einheitlichen Struktur und zum elektronischen Austausch des Versorgungsplans nach § 17 Abs. 1a Satz 4 SGB XI“.

    1. Die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI

    1.1 Geltungsbereich der Richtlinien

    Mit den Richtlinien werden einheitliche Vorgaben eingeführt, die für alle Pflegeberaterinnen und Pflegeberater, die Pflegeberatungen im Sinne des § 7a SGB XI durchführen oder mit der Durchführung beauftragt wurden, sowie für die Träger der Pflegeberatung unmittelbar verbindlich sind.

    1.2 Definition der Pflegeberatung

    Die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI ist eine individuelle und umfassende Beratung und Hilfestellung durch eine Pflegeberaterin oder einen Pflegeberater bei der Auswahl sowie Inanspruchnahme von bundes- oder landesrechtlich vorgesehenen Sozialleistungen und sonstigen Hilfsangeboten, die auf die Unterstützung von Menschen mit Pflege-, Versorgungsund Betreuungsbedarf ausgerichtet sind. Die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI dient dem Zweck, eine angemessene sowie erforderliche Pflege, Betreuung, Behandlung, Unterstützung und Versorgung zu erreichen und zu sichern. Die Pflegeberatung ist ein Prozess: Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll den individuellen Hilfe- und Unterstützungsbedarf ermitteln, bedarfsentsprechend beraten, einen Versorgungsplan erstellen, auf die erforderlichen Maßnahmen und die weitere Umsetzung des Versorgungsplans hinwirken, den Versorgungsplan gegebenenfalls anpassen und Informationen über Leistungen zur Entlastung der Pflegepersonen vermitteln.

    1.3 Anspruchsberechtigter Personenkreis

    Einen Anspruch auf Pflegeberatung nach § 7a SGB XI haben Personen, die Leistungen nach dem SGB XI ⁸ beziehen. ⁹ Darüber hinaus besteht dieser schon dann, wenn ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB XI gestellt wurde und erkennbar ein Hilfe- und Beratungsbedarf besteht oder der Bedarf einer Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit erklärt wurde. Auf Wunsch
    einer anspruchsberechtigten Person ¹⁰ erfolgt die Pflegeberatung auch gegenüber ihren Angehörigen oder weiteren Personen ¹¹ oder unter deren Einbeziehung.


    Fußnoten:

    8 Gemäß § 7b Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI hat die Pflegekasse dem Antragsteller unmittelbar nach Eingang eines erstmaligen Antr ages auf Leistungen nach dem SGB XI oder des erklärten Bedarfs einer Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit oder weiterer Anträge (siehe hierzu § 7b Absatz 1 Satz 1 und 5 SGB XI) einen Beratungstermin anzubieten, der spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang durchzuführen ist.

    9 Gemäß § 7 Absatz 2 Satz 3 SGB XI informiert die zuständige Pflegekasse die Versicherten unverzüglich nach Eingang eines Antrags auf Leistungen nach dem SGB XI insbesondere über ihren Anspruch auf die unentgeltliche Pflegeberatung nach § 7a SGB XI.

    10 Ist für die anspruchsberechtigte Person ein gesetzlicher Vertreter oder eine gesetzliche Vertreterin bestellt, kann auch dieser oder diese den Wunsch äußern, dass die Pflegeberatung gegenüber Angehörigen der anspruchsberechtigten Person oder weiteren Personen oder unter deren Einbeziehung erfolgen soll.

    11 Dazu zählen u. a. Freunde, Nachbarn, Kollegen, Ehrenamtliche.

    1.4 Ziele der Pflegeberatung

    Pflegeberaterinnen und Pflegeberater sollen ratsuchende Personen ¹² bei der möglichen
    Inanspruchnahme einer Vielzahl von Leistungen und Hilfen mit einer Beratung aus einer Hand
    befähigen, Entscheidungen entsprechend der individuellen Pflegesituation zu treffen. Die Ziele
    der Pflegeberatung sind demnach der Erhalt und die Stärkung der Selbstbestimmung und
    Selbständigkeit sowie der Pflege- und Selbstpflegekompetenz der/des Anspruchsberechtigten,
    die passgenaue an der persönlichen Situation der/des Anspruchsberechtigten ausgerichtete
    Versorgung, die Entlastung Angehöriger und weiterer Personen z. B. bei der Unterstützung in der
    häuslichen Pflege Beteiligter und damit auch die Sicherung und Stabilisierung des häuslichen
    Pflegearrangements. Weitere wesentliche Ziele sind je nach Bedarfslage der
    anspruchsberechtigten Person das Herausarbeiten von Möglichkeiten, um Krisensituationen zu
    bewältigen und etwaige Versorgungsdefizite zu mindern, zu beheben und vorzubeugen. Die Ziele
    sollen erreicht werden, indem die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater die Fragen der
    ratsuchenden Person gemeinsam mit dieser klärt und die Inhalte der Pflegeberatung anhand des
    zu ermittelnden Hilfe- und Unterstützungsbedarfs ¹³ gemeinsam mit der ratsuchenden Person
    erörtert. Dadurch können Lösungen geschaffen werden, die individuell auf die jeweilige
    Lebenslage der/des Anspruchsberechtigten abgestimmt sind.

    Wesentlich für die Umsetzung der Ziele ist eine gute Vernetzung der Pflegeberaterinnen und
    Pflegeberater mit den regionalen Versorgungs-, Betreuungs- und Beratungsanbietern.


    Fußnoten:

    12 Wird in den Richtlinien im Folgenden der Begriff „ratsuchende Person“ verwendet, erfasst dieser sowohl die anspruchsberechtigten Personen als auch ihre Angehörigen oder weitere Personen.

    13 Siehe Abschnitt 2.1 der Richtlinien/ „Ermitteln des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs“.

    1.5 Beratungsverständnis

    Die Pflegeberatung erfolgt insbesondere

    • neutral und unabhängig.
      Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater berät die ratsuchende Person 14 ohne eigene Interessen und ohne jede einflussnehmende Tendenz zur Inanspruchnahme bestimmter Hilfe- und Unterstützungsleistungen.
    • unter Beachtung und Stärkung der Selbstbestimmung.
      Im Rahmen des Beratungsprozesses soll die/der Anspruchsberechtigte und auf ihren / seinen Wunsch Angehörige und weitere Personen in die Lage versetzt werden, aus den verschiedensten Angeboten unterschiedlicher Träger die für sie/ihn am besten passenden Leistungsangebote / Angebote nach ihren / seinen Bedarfen und Bedürfnissen zusammenstellen zu können.
    • bedarfsgerecht sowie bedürfnis- und ressourcenorientiert.
      Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater orientiert sich an den gemeinsam ermittelten Bedarfen der ratsuchenden Person. Die Bedürfnisse der ratsuchenden Person sowie dessen persönliche und strukturelle Ressourcen sind stets zu berücksichtigen.
    • verständlich.
      Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll sich bei der Beratung am Wissen und an den Erfahrungen der ratsuchenden Person orientieren und diese verständlich gestalten. Erforderlich ist eine Beratung mit einer an das jeweilige Sprachverständnis angepassten Ausdrucksweise. Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll hierfür auch auf Informationsmaterialien in unterschiedlichen Sprachen sowie in leichter Sprache hinweisen oder die ratsuchende Person bitten, bei der Pflegeberatung die Anwesenheit einer Person ¹⁵ sicherzustellen, die beim Übersetzen ¹⁶ behilflich ist.
    • angepasst an den biographischen und kulturellen Hintergrund.
      Pflegeberaterinnen und Pflegeberater haben den biographischen und kulturellen Hintergrund der ratsuchenden Person sowie einen möglichen kulturspezifischen Umgang mit Pflegebedürftigkeit, familiäre Strukturen oder besondere Bräuche und Traditionen bei der Beratung zu berücksichtigen.

    Fußnoten:

    14 Sofern ein gesetzlicher Vertreter oder eine gesetzliche Vertreterin bestimmt ist, erfolgt die Pflegeberatung einvernehmlich zwischen diesem / dieser und der Pflegeberaterin oder dem Pflegeberater.

    15 Dies können beispielsweise Freunde, Nachbarn, Kollegen der ratsuchenden Person oder Ehrenamtliche sein. Die Einbindung einer solchen Person ist die Obliegenheit der ratsuchenden Person und begründet keine Verpflichtungen der Beratungsstellen.

    16 Übersetzen meint hier sowohl die Vermittlung einer fremden Sprache als auch beispielsweise die Zuhilfenahme einer/s Gebärdendolmetscherin / Gebärdendolmetschers oder andere in Betracht kommende Formen, die eine barrierefreie Kommunikation unterstützen. Siehe auch § 17 Absatz 2 SGB I.

    1.6 Personelle Kontinuität in der Pflegeberatung

    Vor der erstmaligen Beratung soll der/dem Anspruchsberechtigten unverzüglich eine zuständige Pflegeberaterin oder ein zuständiger Pflegeberater für den Beratungsprozess benannt werden, die/der sowohl für die Erstberatung als auch grundsätzlich für spätere Rückfragen und/oder Wiederholungsberatungen zur Verfügung steht. Bei Abwesenheit der Pflegeberaterin oder des Pflegeberaters muss eine Vertretung gewährleistet werden.

    1.7 Ort der Pflegeberatung

    Auf Wunsch der/des Anspruchsberechtigten ¹⁷ hat die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater die Pflegeberatung in der häuslichen Umgebung oder in der Einrichtung, in der sie/er lebt, durchzuführen. ¹⁸ Erfolgt die Pflegeberatung mittels Video-Pflegeberatung oder wird durch digitale Anwendungen unterstützt, bleibt der Anspruch auf eine Beratung in der häuslichen Umgebung oder in der Einrichtung, in der die Person lebt, unberührt. Die Pflegeberatung kann zudem in den Räumen der Pflegekassen, in Pflegestützpunkten, in Beratungsstellen nach § 7b SGB XI und § 123 SGB XI oder telefonisch durchgeführt werden. Erfolgt die Pflegeberatung telefonisch, bleibt der Anspruch auf eine persönliche Pflegeberatung an sonstigen Orten
    unberührt.


    Fußnoten

    17 Ist für die anspruchsberechtigte Person ein gesetzlicher Vertreter oder eine gesetzliche Vertreterin bestellt, kann auch dieser/diese den Wunsch äußern.

    18 In Betracht kommen beispielsweise vollstationäre Pflegeeinrichtungen oder Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen.

    1.8 Video-Pflegeberatung

    Auf Wunsch der anspruchsberechtigten Person ist die Pflegeberatung auch im Rahmen einer Video-Pflegeberatung als digitales Angebot möglich. Die Video-Pflegeberatung ist die Kommunikation in Echtzeit zwischen einer Pflegeberaterin oder einem Pflegeberater und der anspruchsberechtigten Person mittels dieser Person zur Verfügung stehenden technischen Ausstattung. Möglich ist hierbei auch die Einbindung Angehöriger oder weiterer Personen ¹⁹, sofern die anspruchsberechtigte Person dies wünscht. Erfolgt die Pflegeberatung mittels Videoformat, bleibt der Anspruch auf eine persönliche Pflegeberatung an sonstigen Orten unberührt.


    Fußnoten:

    19 Dazu zählen u. a. Freunde, Nachbarn, Kollegen, Ehrenamtliche.

    1.9 Digitale Anwendungen im Rahmen der Pflegeberatung

    Von der Video-Pflegeberatung ²⁰ sind digitale Anwendungen im Rahmen der Pflegeberatung abzugrenzen. Anspruchsberechtigte Personen oder auf deren Wunsch ihre Angehörigen oder weitere Personen ²¹, können Anwendungen der Pflegekassen nutzen, die wesentlich auf digitalen Technologien beruhen und im Rahmen der Pflegeberatung dazu bestimmt sind, den Pflegeberatungs-Prozess zu unterstützen (digitale Anwendungen). Kommen barrierefreie digitale Anwendungen zum Einsatz, bleibt der Anspruch auf eine persönliche Pflegeberatung unberührt, so dass der Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch eine Pflegeberaterin oder einen Pflegeberater auch dann weiterhin besteht, wenn digitale Anwendungen in Anspruch genommen wurden. Als digitale Anwendungen im Rahmen der Pflegeberatung kommen
    beispielweise digitale Informationsangebote oder digitale Assistenten wie Chatbots in Betracht.

    Fußnoten:

    20 Siehe Abschnitt 1.8 der Richtlinien/ „Video-Pflegeberatung“.

    21 Dazu zählen u. a. Freunde, Nachbarn, Kollegen, Ehrenamtliche

    2. Der Beratungsprozess – Verfahren und Inhalt der Pflegeberatung

    Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater hat die Pflegeberatung nach dem folgenden Verfahren mit den dargestellten Inhalten durchzuführen.

    2.1 Ermitteln des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs

    Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll zu Beginn des Beratungsprozesses den Hilfe- und Unterstützungsbedarf der anspruchsberechtigten Person ermitteln. Dies ist notwendig, damit die
    konkreten Inhalte, Ziele und Maßnahmen der Pflegeberatung gemeinsam entwickelt und festgelegt werden können und die Versorgung den individuellen Bedürfnissen entspricht. Bei der
    Ermittlung des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs sind auch besondere Bedarfe, z. B. von Personen mit demenziellen Erkrankungen oder mit typischen krankheitsbedingten Einschränkungen, beispielsweise nach einem Schlaganfall, von Personen mit Migrationshintergrund ²², mit
    pflegebedürftigen Kindern oder von Pflegebedürftigen mit berufstätigen pflegenden Angehörigen zu berücksichtigen.

    Der Hilfe- und Unterstützungsbedarf ist zu ermitteln, indem die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater

    1. die Ergebnisse aus der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18 SGB XI (Ergebnisse der Module 1 bis 6 und der Bereiche 7 und 8 der BRi ²³) sowie die Präventions- und Rehabilitationsempfehlungen nach § 18a SGB XI und die Inhalte der Beratung in der eigenen Häuslichkeit nach § 37 Absatz 3 SGB XI in die Pflegeberatung einbezieht, sofern die anspruchsberechtigte Person zustimmt. ²⁴
    2. sich im Gespräch mit der ratsuchenden Person zunächst die Situation (beispielsweise die Alltagsbewältigung, Aufgabenverteilung im Rahmen der Pflege etc.) schildern lässt und
      Raum für Fragen einräumt, die gegebenenfalls auch bereits auf einen bestimmten Hilfeund Unterstützungsbedarf schließen lassen können.
    3. gezielt Fragen stellt und beobachtet. Dadurch können vorhandene Ressourcen (z. B. Unterstützung von Angehörigen) berücksichtigt und weitere Informationen zum Hilfeund Unterstützungsbedarf gesammelt werden, die es ermöglichen, in Abstimmung mit
      der ratsuchenden Person Prioritäten im Beratungsprozess festzulegen. Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll dabei insbesondere die folgenden Aspekte berücksichtigen:
    • Gesundheitliche Situation der/des Anspruchsberechtigten:
      Der individuelle Hilfe- und Unterstützungsbedarf der/des Anspruchsberechtigten wird von ihrem/seinem gesundheitlichen Zustand und dessen Auswirkungen auf ihre/seine körperlichen, mentalen/kognitiven, kommunikativen und sensorischen Fähigkeiten bestimmt. Zu berücksichtigen sind insbesondere spezifische medizinisch-pflegerische Versorgungserfordernisse, die sich aus den zugrundeliegenden Gesundheitsproblemen der/des Anspruchsberechtigten ergeben sowie die eigenen Bewältigungsstrategien und der selbständige Umgang mit der gesundheitlichen Situation.
    • Hilfe- und Unterstützungsbedarf bei der alltäglichen Lebensführung: Körperliche, mentale, kommunikative und sensorische Beeinträchtigungen können einen Unterstützungsbedarf in der Selbstversorgung (z. B. beim Waschen, Anziehen, Essen, bei der Beachtung von Hygiene etc.), bei der Haushaltsführung (z. B. beim Einkaufen, Kochen, Putzen etc.), bei der Regelung finanzieller und rechtlicher Angelegenheiten (z. B. Behördengänge, Antragstellung etc.) notwendig machen, aber auch Hilfen zur sozialen Teilhabe erfordern – wie etwa bei der Pflege sozialer Kontakte und der Teilnahme an außerhäuslichen Aktivitäten.
    • Wohn- und Lebenssituation der/des Anspruchsberechtigten:
      Der individuelle Hilfe- und Unterstützungsbedarf ist von der Lebenssituation der/des Anspruchsberechtigten abhängig, von seiner Lebensform (z. B. alleinlebend, mit Partner oder Partnerin etc.) und der Beschaffenheit seines Wohnumfeldes (z. B. Lage, Größe, Erreichbarkeit der Wohnung oder der einzelnen Räume etc.).
    • Hilfe- und Unterstützungsbedarf im Bereich der Mobilität:
      Ein Hilfe- und Unterstützungsbedarf kann sowohl im häuslichen Bereich (z. B. beim Fortbewegen im direkten Wohnumfeld, beim Aufstehen und Zubettgehen) als auch außerhalb des Wohnumfeldes bestehen und steht im Zusammenhang mit vorhandenen Hilfsmitteln (z. B. Rollstuhl, Rampe etc.), den Fähigkeiten der/des Anspruchsberechtigten, diese zu verwenden sowie den konkreten Bedingungen ihrer/seiner individuellen Wohnsituation (z. B. Treppen, Aufzug, Badezimmer etc.).
    • Situation der Angehörigen oder weiterer Personen ²⁵:
      Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll sich aus Sicht der Angehörigen oder weiterer Personen schildern lassen und berücksichtigen, wie die Bewältigung der Pflege und Versorgung der/des Anspruchsberechtigten gelingt und welche Hilfe und Unterstützung sie benötigen. Hierbei sind Überlastungen beispielsweise durch mangelnde soziale Kontakte/Unterstützung, eigene Gesundheitsprobleme oder psychosoziale Belastungen (die z. B. bei der Pflege von Menschen mit Demenz oder von Kindern und Jugendlichen auftreten können) zu berücksichtigen.
    • Spezifische Bedarfe von Menschen mit Demenz sowie ihrer Angehörigen oder weiterer Personen.
      Die Ermittlung des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs von Menschen mit Demenz oder von ihren Angehörigen oder weiteren Personen erfordert, dass Pflegeberaterinnen und Pflegeberater für spezifische Aspekte sensibilisiert sind, um diese bei Bedarf im weiteren Beratungsprozess entsprechend berücksichtigen zu können. ²⁶ In Betracht kommen beispielsweise verhaltensbezogene und psychische Symptome (u. a. Veränderungen der Impulskontrolle, des Antriebs, der Stimmung und/oder des Wirklichkeitsbezuges), die in der Interaktion sowohl die pflegebedürftige Person als auch pflegende Angehörige, weitere Personen oder professionell Pflegende belasten können.
    • Hilfe-und Unterstützungsbedarf bei Anzeichen auf Gewalt in der Pflege ²⁷
      Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll frühestmöglich im Rahmen des Beratungsprozesses Anzeichen auf bestehende oder sich entwickelnde Gewalt in der Pflege ausgehend von der pflegenden Person und/oder der pflegebedürftigen Person wahrnehmen und entsprechend reagieren ²⁸. Bei der Ermittlung des Hilfeund Unterstützungsbedarfs hat die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater daher beispielsweise ein besonderes Augenmerk darauf zu richten, ob wechselseitig ein respektvoller Umgang in der Pflegesituation gegeben ist. Zur Ermittlung des Hilfe und Unterstützungsbedarfs kommt auch eine sensible Ansprache der Thematik im Rahmen eines angemessenen und von der ratsuchenden Person gewünschten Beratungs-Settings, insbesondere bei Vorliegen von Risikofaktoren für (das Entstehen von) Gewalt in der Pflege, in Betracht.

    Fußnoten:

    22 Gemäß dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat eine Person dann einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren ist. Ein besonderer Hilfe- und Unterstützungsbedarf kann sich z. B. aufgrund etwaiger bestehender Sprachbarrieren ergeben; zu beachten ist Abschnitt 1.5 der Richtlinien/ „Beratungsverständnis“ („- verständlich, – angepasst an den biographischen und kulturellen Hintergrund“).

    23 Siehe Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (Begutachtungs-Richtlinien – BRi) vom 15.04.2016 in der jeweils geltenden Fassung.

    24 Voraussetzung ist, dass die entsprechenden Dokumente bereits vorhanden sind oder von der anspruchsberechtigten Person zur Verfügung gestellt werden.

    25 Es existieren verschiedene Projekte, die sich mit der Situation der Angehörigen von Pflegebedürftigen beschäftigen, so z. B. „Problemlösen in der Pflegeberatung – ein Ansatz zur Stärkung der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI“, Schriftenreihe Modellprogramm zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung, Band 14, GKV-Spitzenverband.

    26 Siehe Abschnitt 2.2.7 der Richtlinien / „Demenzielle Erkrankungen“.

    27 Es gibt verschiedene Formen von Gewalt in der Pflege, die pflegebedürftige Personen und/oder pflegende Personen betreffen können. In Betracht kommen beispielsweise körperliche, psychische und verbale Gewalt.

    28 Siehe Abschnitt 2.2.8 der Richtlinien / „Gewalt in der Pflege“.

    2.2 Beratung

    Auf der Grundlage des ermittelten und analysierten Hilfe- und Unterstützungsbedarfs ²⁹ unterstützt die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater die ratsuchende Person, konkrete Ziele und Maßnahmen zu formulieren. Hierfür berät die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater bedarfsentsprechend zu gesundheitsfördernden, präventiven, kurativen, rehabilitativen oder sonstigen medizinischen, pflegerischen und sozialen Hilfen sowie zu Sozialleistungen und unterstützt so bei deren Auswahl. Zu berücksichtigen sind hierbei auch die Möglichkeiten digitaler Anwendungen im Rahmen des Fünften und Elften Buches Sozialgesetzbuch. ³⁰ Gegebenenfalls ist die ratsuchende Person auch zu beraten, wie sie sich auf den Termin zur Begutachtung der Pflegebedürftigkeit vorbereiten kann (z. B. Vorlage von Arztbriefen/Schilderung der eigenen Ressourcen).

    Da der Inhalt einer jeden Beratung von den unterschiedlichen Bedarfen und Fragen der ratsuchenden Person abhängig ist, sind im Folgenden ausgewählte Themen als mögliche Beratungsinhalte dargestellt.


    Fußnoten:

    29 Siehe Abschnitt 2.1 der Richtlinien/ „Ermitteln des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs“.

    30 Siehe u. a. §§ 33a SGB V, 139 SGB V oder digitale Möglichkeiten im Rahmen der Prävention und Gesundheitsförderung, §§ 39a, 40a SGB XI, 78 Absatz 2a SGB XI.

    2.2.1 Pflegerische Hilfen

    Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll entsprechend dem individuellen Hilfe- und Unterstützungsbedarf 31 zu pflegerischen Leistungen beraten, beispielsweise zur Auswahl und Kombination von Pflegesachleistungen (körperbezogene Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung), zur Kombination von Geldleistung und Sachleistung (Kombinationsleistungen) 32 oder über die Möglichkeit des Anspruchs auf den Entlastungsbetrag 33. Abhängig von der individuellen Bedarfskonstellation ist
    die ratsuchende Person auch auf die Leistungen der häuslichen Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson, die Möglichkeit der Inanspruchnahme teilstationärer Pflege und Kurzzeitpflege sowie die vollstationäre Pflege hinzuweisen. Die Beratung zu pflegerischen Hilfen umfasst auch die Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Leistungen. 34


    Fußnoten:

    31 Siehe Abschnitt 2.1 der Richtlinien/ „Ermitteln des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs“.

    32 Siehe § 38 SGB XI.

    33 Siehe § 45b SGB XI.

    34 Siehe auch Abschnitt 2.4 Nr. 3 der Richtlinien/ „Hinwirken auf die erforderlichen Maßnahmen“.

    2.2.2 Rehabilitation

    Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater berät zu Rehabilitationsmaßnahmen, sofern im Einzelfall Leistungen zur medizinischen Rehabilitation angezeigt sind. 35 Es soll besprochen werden, was durch eine Rehabilitation erreicht werden kann (beispielsweise Erhalt und Wiederherstellung der Mobilität, Verminderung von Schmerzen, Integration in den Alltag). Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater informiert über die verschiedenen Möglichkeiten der ambulanten Rehabilitation, einschließlich der mobilen Rehabilitation und stationären Rehabilitation. Die ratsuchende Person ist auf Wunsch bei der Stellung des Antrags auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und weiteren Schritten, die der Inanspruchnahme der Rehabilitation dienen, zu unterstützen. Bei der Beratung sind bestehende Hindernisse (z. B. Bedenken, die eigene Häuslichkeit zu verlassen) im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Rehabilitationsmaßnahmen zu berücksichtigen. Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll geeignete Lösungswege aufzeigen, z. B. die Möglichkeit einer ambulanten/mobilen Rehabilitation oder den möglichen aktiven Einbezug Angehöriger oder weiterer Bezugspersonen in den Rehabilitationsprozess.


    Fußnoten:

    35 Siehe z. B. Abschnitt 2.1 Nr. 1 der Richtlinien/ „Ermitteln des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs“.

    2.2.3 (Pflege-) Hilfsmittel

    Bei Bedarf hat die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater die ratsuchende Person zu geeigneten (Pflege-) Hilfsmitteln, auch unter Berücksichtigung digitaler Technologien 36, sowie über den Zugang zum (Pflege-) Hilfsmittel zu beraten und gegebenenfalls bei weiteren Schritten behilflich zu sein (z. B. Information zur Antragstellung, ärztliche Verordnung).


    Fußnoten:

    36 Siehe auch § 139 Absatz 11 Satz 3 SGB V.

    2.2.4 Prävention und Gesundheitsförderung

    Pflegeberaterinnen und Pflegeberater sollen Anspruchsberechtigte sowie Angehörige oder weitere Personen entsprechend dem individuellen Hilfe- und Unterstützungsbedarf 37 zu Möglichkeiten beraten, Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung in Anspruch zu nehmen. In Betracht kommen Präventionsmaßnahmen wie Gesundheitskurse zur Stressbewältigung, Bewegung, Ernährung oder zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Suchtmitteln 38 – auch als Kompaktangebot (beispielsweise am Wochenende) oder digitales Angebot – sowie beispielsweise (digitale) Pflegekurse für Angehörige nach § 45 SGB XI. Eine Beratung zu Präventionsmaßnahmen kann auch aufgrund von bestimmten Gesundheitsproblemen, speziellen Risiken wie Mangelernährung sowie Sturzrisiken erforderlich sein, sofern sich dies aus der Ermittlung des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs 39 ergibt. Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll die ratsuchende Person bei der Inanspruchnahme von Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung unterstützen, indem auf Wunsch und in Absprache mit der ratsuchenden Person Informationen zu geeigneten Angeboten zur Verfügung gestellt/geeignete Hinweise auf solche gegeben oder Kontakte zu entsprechenden Leistungserbringern vermittelt werden.


    Fußnoten:

    37 Siehe Abschnitt 2.1 der Richtlinien/ „Ermitteln des Hilfe- Unterstützungsbedarfs“.

    38 Siehe Leitfaden Prävention – Handlungsfelder und Kriterien des GKV-Spitzenverbandes zur Umsetzung der §§ 20 und 20a SGB V vom 21. Juni 2000 in der jeweils geltenden Fassung.

    39 Siehe Abschnitt 2.1 der Richtlinien/ „Ermitteln des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs“.

    2.2.5 Hitzeschutz in der Pflege

    Als vulnerable Gruppe sind Anspruchsberechtigte sowie Angehörige und weitere Personen zur Vornahme von Schutzmaßnahmen zu sensibilisieren. Pflegeberaterinnen und Pflegeberater sollen Anspruchsberechtigte sowie Angehörige und weitere Personen bedarfsentsprechend über Maßnahmen zur Hitzeprävention beraten, z. B. Vermeidung körperlicher Belastungen oder Nutzung leichter Kleidung und Bettwäsche. Darüber hinaus sollen Pflegeberaterinnen und Pflegeberater Informationsmaterialien zur Verfügung stellen oder geeignete Hinweise auf solche geben und für hitzebedingte Symptome sensibilisieren. Im Rahmen der Pflegeberatung sind individuelle Faktoren zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit Hitzeereignissen relevant werden können. In Betracht kommt beispielsweise, dass die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater darauf hinweist, dass Absprachen mit der Apotheke oder der Arztpraxis zur Lagerung von Medikamenten erforderlich sein können. Des Weiteren sollen Pflegeberaterinnen und Pflegeberater auf eine gute Vernetzung sowie auf Absprachen aller an der Pflege beteiligten Personen hinwirken und Anspruchsberechtigte sowie deren Angehörige und weitere Personen zu regionalen und überregionalen Angeboten und Strukturen informieren, zum Beispiel zu Hitzeaktionsplänen, Hitzetelefonen, Hitzepatenschaften in der Nachbarschaft, kühlen Aufenthaltsorten sowie zu Möglichkeiten, Hitzewarnungen zu empfangen. Hierfür ist es sinnvoll, dass die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater in einem regelmäßigen Austausch mit den am Hitzeschutz beteiligten Akteurinnen und Akteuren auf regionaler Ebene und mit anderen für das Gesundheits- und Pflegesystem relevanten Akteurinnen und Akteuren stehen.

    Bei aktuellen Hitzewarnungen sollten geplante Beratungstermine zeitlich möglichst flexibel organisiert und Alternativen angeboten werden. Pflegeberaterinnen und Pflegeberater sollen daher gezielt auf die Möglichkeit der Pflegeberatung in der häuslichen Umgebung oder in der Einrichtung, in der diese Person lebt sowie auf die Video-Pflegeberatung hinweisen. Als Grundlage für die Flexibilisierung von Beratungsterminen kann das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes herangezogen werden.

    2.2.6 Anpassung des Wohnumfeldes

    Pflegeberaterinnen und Pflegeberater sollen Anspruchsberechtigte sowie Angehörige oder weitere Personen entsprechend dem individuellen Hilfe- und Unterstützungsbedarf 40 über die Möglichkeiten beraten, wohnumfeldverbessernde Maßnahmen 41 vornehmen zu lassen, durch die die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt werden kann. 42 Zu berücksichtigen sind auch digitale Technologien im Rahmen wohnumfeldverbessernder Maßnahmen. 43 Bei der Anpassung des Wohnumfeldes kann die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater Kontakte zu entsprechenden Beratungsstellen vermitteln.


    Fußnoten:

    40 Siehe Abschnitt 2.1 der Richtlinien/ „Ermitteln des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs“.

    41 Siehe auch Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen gemäß § 78 Absatz 2a SGB XI vom 27.09.2021 in der jeweils geltenden Fassung sowie Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (Begutachtungs-Richtlinien – BRi) vom 15.04.2016 in der jeweils geltenden Fassung, Anlagen, 8 Katalog möglicher wohnumfeldverbessernder Maßnahmen.

    42 Siehe auch § 40 SGB XI.

    43 Siehe Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen gemäß § 78 Absatz 2a SGB XI vom 27.09.2021 in der jeweils geltenden Fassung.

    2.2.7 Demenzielle Erkrankungen

    Pflegeberaterinnen und Pflegeberater halten zielgruppenspezifische Ratgeber / Informationsmaterialien für Menschen mit demenziellen Erkrankungen sowie für deren Angehörige oder weitere Personen bereit, stellen diese bei Bedarf zur Verfügung und weisen auf spezielle Beratungs-/Informationsangebote hin. Zu berücksichtigen sind hierbei auch digitale Angebote spezieller Fachstellen. Darüber hinaus soll die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater bei Bedarf auf die Vernetzung mit Fachstellen und eine entsprechende Unterstützung und Beratung hinwirken und/oder beispielsweise Kontaktdaten zu Krisentelefonen oder anderen spezifischen Institutionen zur Verfügung stellen. 44 Zu beachten sind stets der Hilfe- und Unterstützungsbedarf sowie die Belange der demenziell erkrankten Person.


    Fußnoten:

    44 Siehe Abschnitt 2.4 der Richtlinien / „Hinwirken auf die erforderlichen Maßnahmen“.

    2.2.8 Gewalt in der Pflege

    Die ratsuchende Person soll im Rahmen der Pflegeberatung bedarfsentsprechend zum Thema Gewalt unterstützt werden. Die Sensibilisierung von Anspruchsberechtigten, ihrer Angehörigen sowie sonstiger Personen für das Thema Gewalt in der Pflege ist wesentlich, um beispielsweise die unterschiedlichen Formen von Gewalt sowie Risikofaktoren für (das Entstehen von) Gewalt erkennen und entsprechend handeln zu können und/oder um Hilfe und professionelle Unterstützung zu erhalten. Um Gewalt in der Pflege vorzubeugen, sollen Pflegeberaterinnen und Pflegeberater beispielsweise im Gespräch mit Anspruchsberechtigten, Angehörigen und weiteren Personen zu den möglichen Auswirkungen einer Pflegetätigkeit informieren, auf Anzeichen körperlicher und psychischer Überlastung hinweisen, zielgruppenspezifische Ratgeber/Informationsmaterialien zum Thema Gewalt und Gewaltprävention in der Pflege bereithalten und diese bei Bedarf zur Verfügung stellen sowie auf spezielle Beratungs- /Informationsangebote hinweisen. Zu berücksichtigen sind hierbei auch digitale Angebote spezieller Fachstellen. Darüber hinaus sind bei Bedarf Kontaktdaten zu Krisentelefonen oder anderen spezifischen Institutionen zur Verfügung zu stellen. 45


    Fußnoten:

    45 Siehe Abschnitt 2.4 der Richtlinien / „Hinwirken auf die erforderlichen Maßnahmen“.

    2.3 Erstellen eines individuellen Versorgungsplans

    Bei jeder Pflegeberatung im Sinne des § 7a SGB XI erstellt die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater einen Versorgungsplan 46, der der/dem Anspruchsberechtigten grundsätzlich unverzüglich nach Erstellung auszuhändigen oder zu übermitteln ist 47, sofern sie/er nicht widerspricht. Der Versorgungsplan wird elektronisch erstellt und entspricht dem standardisierten Format, welches mit dem Dokument „Technische Beschreibung zur einheitlichen Struktur und zum elektronischen Austausch des Versorgungsplans nach § 17 Abs.1a Satz 4 SGB XI“ definiert wird. 48


    Fußnoten:

    46 Im Rahmen des Beratungsprozesses wird ein Versorgungsplan auch dann erstellt, wenn ausschließlich Leistungen im Rahmen der Kostenerstattung vorgesehen sind, z. B. für Leistungen nach § 45b SGB XI für Personen mit Pflegegrad 1.

    47 Zu beachten sind dabei die gesetzlichen Datenschutzvorschriften. Siehe auch Abschnitt 5 der Richtlinien/ „Anforderungen an den Datenschutz und die Datensicherheit“.

    48 Siehe „Technische Beschreibung zur einheitlichen Struktur und zum elektronischen Austausch des Versorgungsplans nach § 17 Abs . 1a Satz 4 SGB XI“.

    2.3.1 Definition des Versorgungsplans

    Der Versorgungsplan ist Bestandteil eines jeden Beratungsprozesses. Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater hat zu dokumentieren, welche individuellen Hilfe- und Unterstützungsbedarfe 49 nach Art und Umfang bestehen und mit welchen konkreten Maßnahmen die ermittelten Hilfe- und Unterstützungsbedarfe 50 gedeckt werden können. Hierzu sind geeignete Dienste, Einrichtungen und sonstige bedarfsgerechte Unterstützungen aufzuführen. Dabei beschränkt sich der Versorgungsplan nicht auf die Aufzählung allgemein zugänglicher Leistungsangebote und etwaiger Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten, sondern nimmt Bezug auf den ermittelten Hilfe- und Unterstützungsbedarf 51. Sofern sich der ermittelte Hilfe- und Unterstützungsbedarf 52 als erheblich und in besonderem Maße umfangreich darstellt, können auch die Maßnahmen umfassender sowie die individuell geeigneten Dienste, Einrichtungen oder sonstigen bedarfsgerechten Angebote vielfältiger sein und sich entsprechend umfassend im Versorgungsplan niederschlagen.


    Fußnoten:

    49-52 Siehe Abschnitt 2.1 der Richtlinien/ „Ermitteln des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs“.

    2.3.2 Struktur, Inhalt und Umfang des Versorgungsplans

    Die Struktur des Versorgungsplans wird durch eine Datensatzbeschreibung des Versorgungsplans vorgegeben. 53 Im Versorgungsplan müssen beispielsweise die folgenden wesentlichen Inhalte elektronisch dokumentiert werden: 54

    • Allgemeine Angaben (u. a. Erstellungs-/Anpassungsdatum, Stammdaten, Angaben zur Pflegeberaterin oder zum Pflegeberater),
    • individueller Hilfe- und Unterstützungsbedarf 55,
    • Zielformulierung,
    • gemeinsam vereinbarte Maßnahmen unter Berücksichtigung der im Einzelfall erforderlichen Sozialleistungen und gesundheitsfördernden, präventiven, kurativen, rehabilitativen oder sonstigen medizinischen sowie pflegerischen und sozialen Hilfen, insbesondere Leistungen nach dem SGB V, SGB VI, SGB VIII, SGB IX, SGB XI und SGB XII,
    • Empfehlungen zur Umsetzung der gemeinsam vereinbarten Maßnahmen (insbesondere mit Hinweisen zu den dazu vorhandenen (örtlichen) bedarfsgerechten Unterstützungen) und Festlegung der Verantwortlichkeiten oder weiterer am Versorgungsprozess Beteiligten,
    • Hinweise zur gemeinsamen Überprüfung und Anpassung der Maßnahmen, beispielsweise auf Wunsch eine Vereinbarung von Folgekontakten.

    Die konkreten Inhalte des Versorgungsplans, die die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater anhand der vorgegebenen Struktur erfasst sowie der Umfang des Versorgungsplans ergeben sich in Abhängigkeit von der individuellen Versorgungslage und den Vorstellungen der anspruchsberechtigten Person.


    Fußnoten:

    53+54 Siehe „Technische Beschreibung zur einheitlichen Struktur und zum elektronischen Austausch des Versorgungsplans nach § 17 Abs . 1a Satz 4 SGB XI“/ Datensatzbeschreibung, Abschnitt 4.

    55 Siehe Abschnitt 2.1 der Richtlinien/ „Ermitteln des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs“.

    2.3.3 Elektronischer Austausch des Versorgungsplans

    Die an dem Austausch des elektronischen Versorgungsplans Beteiligten nutzen für den elektronischen Datenaustausch ein sicheres Übermittlungsverfahren der Telematikinfrastruktur. 56 Form und Struktur der Übertragung werden in der Technischen Beschreibung zur einheitlichen Struktur und zum elektronischen Austausch des Versorgungsplans nach § 17 Abs. 1a Satz 4 SGB XI geregelt und müssen entsprechend eingehalten werden. 57


    Fußnoten:

    56 Siehe „Technische Beschreibung zur einheitlichen Struktur und zum elektronischen Austausch des Versorgungsplans nach § 17 Abs . 1a Satz 4 SGB XI“ / Durchführung der Datenübermittlung, Abschnitt 3.

    57 Siehe „Technische Beschreibung zur einheitlichen Struktur und zum elektronischen Austausch des Versorgungsplans nach § 17 Abs. 1a Satz 4 SGB XI“. Die Pflege des Dokuments „Technische Beschreibung zur einheitlichen Struktur und zum elektronischen Austausch des Versorgungsplans nach § 17 Abs. 1a Satz 4 SGB XI“ erfolgt durch den GKV-Spitzenverband.

    2.4 Hinwirken auf die erforderlichen Maßnahmen

    Nachdem die ratsuchende Person und die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater die wesentlichen Inhalte des Versorgungsplan gemeinsam erarbeitet haben und diese dokumentiert wurden, soll die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater auf die Inanspruchnahme und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen hinwirken. Das Hinwirken auf die Maßnahmen setzt voraus, dass sich die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater mit regionalen Anbietern, Trägern und anderen Beratungsstellen vernetzt hat. Das sind z. B. kommunale Beratungsstellen, sozialpsychiatrische
    Dienste, Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Anlaufstellen für Familien mit Kindern mit Behinderungen, mobile Essensdienste, Selbsthilfegruppen, Seniorenbeiräte, ehrenamtliche Gruppen. Dadurch soll die Vermittlung und Erschließung des Zugangs zu bedarfsentsprechenden Leistungen und geeigneten Hilfen sichergestellt werden, wenn die anspruchsberechtigte Person selbst nicht in der Lage ist, die vereinbarten Maßnahmen umzusetzen und eine Unterstützung durch die Pflegeberaterin oder den Pflegeberater wünscht. Wie auf die erforderlichen Maßnahmen hinzuwirken ist, ergibt sich aus der konkreten Fallkonstellation.

    Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater kann z. B. wie folgt auf erforderliche Maßnahmen hinwirken:

    1. Je nach Selbsthilfekompetenz der/des Anspruchsberechtigten stellt die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater zu den Ansprechpartnern der zu vermittelnden Hilfen Kontakt her, indem sie/er der ratsuchenden Person die entsprechenden Kontaktdaten übermittelt oder sich – in Absprache mit der ratsuchenden Person- selbst mit den Ansprechpartnern in Verbindung setzt. Dadurch kann beispielsweise auf die Einbindung eines Pflegedienstes zur Sicherstellung der ambulanten pflegerischen Versorgung hingewirkt werden
    2. Sofern die Umsetzung einzelner Maßnahmen außerhalb der Häuslichkeit von der Mobilität der/des Anspruchsberechtigten abhängig ist, unterstützt die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater bei Bedarf die/den Anspruchsberechtigte/n, die Begleitung zur Maßnahme zu organisieren (z. B. zu Ärzten oder zu einer Rehabilitationsmaßnahme) und macht dadurch bestehende Angebote nutzbar.
    3. Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater übermittelt die ihr/ihm gegenüber gestellten Leistungsanträge unverzüglich der zuständigen Pflege- oder Krankenkasse. 58
    4. Auf Wunsch der anspruchsberechtigten Person veranlasst die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater die Einbindung der am Versorgungsprozess Beteiligten (Pflegekasse, Ärztinnen und Ärzte, Pflegeeinrichtungen, Beratungsstellen der Kommune). Hierzu stellt die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater nach Einwilligung der anspruchsberechtigten Person zweckentsprechend Inhalte des Versorgungsplans zur Verfügung. 59

    Fußnoten:

    58 Gemäß § 7a Absatz 2 Satz 6 SGB XI kann ein Leistungsantrag nach dem SGB V und SGB XI auch gegenüber der Pflegeberaterin oder dem Pflegeberater gestellt werden. Nach § 7a Absatz 2 Satz 7 SGB XI ist der Antrag dann unverzüglich der zuständigen Pflege- oder Krankenkasse zu übermitteln.

    59 Siehe Abschnitt 4 der Anlage „Technische Beschreibung zur einheitlichen Struktur und zum elektronischen Austausch des Versorgungsplans nach § 17 Abs. 1a Satz 4 SGB XI“/ Datensatzbeschreibung, Abschnitt 4.

    2.5 Überwachung der Durchführung/Anpassung des Versorgungsplans

    Wurde auf die Durchführung der Maßnahmen hingewirkt (z. B. durch die Einbindung eines Pflegedienstes oder die organisierte Begleitung zur Maßnahme) 60, soll die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater überwachen, ob die Maßnahmen im folgenden Verlauf durchgeführt werden (z. B. ob der Pflegedienst erscheint oder die/der Anspruchsberechtigte das Angebot wahrnimmt) und dadurch die Versorgungsziele erreicht werden können oder bereits erreicht wurden.

    Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll die Durchführung der in dem Versorgungsplan festgelegten Maßnahmen, sofern von der anspruchsberechtigten Person gewünscht, überwachen,
    indem sie/er beispielsweise

    1. bei der anspruchsberechtigten Person oder bei sonstigen im Pflegeberatungsprozess eingebundenen Personen (z. B. bei Angehörigen oder weiteren Personen, bei Leistungserbringern bzw. ehrenamtlichen Personen) nachfragt, ob Versorgungsmaßnahmen umgesetzt werden.
    2. die ratsuchende Person begleitet; beispielsweise durch die Vereinbarung weiterer Gesprächstermine zur Besprechung von Zwischenschritten und –ergebnissen und/oder neuer Ziele.

    Ergibt die Überwachung der Durchführung des Versorgungsplans einen Anpassungsbedarf bei den dokumentierten Versorgungszielen und -maßnahmen oder bei den anderen wesentlichen Inhalten des Versorgungsplans 61, soll die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater den Versorgungsplan in Abstimmung mit der anspruchsberechtigten Person anpassen, um die gegebenenfalls innerhalb des Beratungsprozesses veränderte Bedarfslage oder die nicht erreichten Versorgungsziele berücksichtigen zu können. Die Anpassung erfolgt, indem die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater die Änderungen in dem Versorgungsplan dokumentiert. In der Folge soll die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater auf die veränderte Maßnahmenplanung hinwirken (z. B. Kontakte zu anderen Kooperations- und Vernetzungspartnern vermitteln bzw. herstellen, beispielsweise zu einem neuen Pflegedienst).


    Fußnoten:

    60 Siehe Abschnitt 2.4 der Richtlinien/ „Hinwirken auf die erforderlichen Maßnahmen“.

    61 Siehe Abschnitt 2.3.2 der Richtlinien/ „Struktur, Inhalt und Umfang des Versorgungsplans“.

    2.6 Information über Leistungen zur Entlastung der Pflegepersonen

    Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater hat im Gespräch mit der ratsuchenden Person über Leistungen zur Entlastung der Pflegepersonen zu informieren. Dazu gehören insbesondere Informationen über

    • Pflegekurse – auch in der Häuslichkeit – für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen sowie auch als digitales Angebot,
    • Freistellungsmöglichkeiten nach dem Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz,
    • Pflegeunterstützungsgeld,
    • den Entlastungsbetrag,
    • Pflegesach- und Kombinationsleistungen,
    • Angebote zur Unterstützung im Alltag,
    • Angebote zur Verhinderungspflege,
    • Tages- und Nachtpflege,
    • Angebote der Kurzzeitpflege,
    • Präventions-, Gesundheitsförderungs- und Rehabilitationsmaßnahmen 62,
    • Angebote der Selbsthilfe, z. B. Angehörigengruppen,
    • Angebote von Ärzten/Psychotherapeuten (beispielsweise auch Videosprechstunden),
    • Hilfs-/Pflegehilfsmittel(-Beratung) und technische Hilfen,
    • Anpassung des Wohnumfeldes.

    Die Information über Leistungen zur Entlastung der Pflegepersonen hat neben der Beschreibung der vorhandenen und bedarfsgerechten Angebote auf Wunsch der ratsuchenden Person auch die Vermittlung von Kontakten (z. B. Ansprechpartnern und Telefonnummern) zu umfassen. Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater soll der ratsuchenden Person anbieten, bei der Umsetzung der Inanspruchnahme und der Ausschöpfung von Leistungen zur Entlastung der Pflegeperson behilflich zu sein. In Betracht kommt beispielsweise, dass die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater die ratsuchende Person bei der Ausschöpfung von Ansprüchen der häuslichen Pflege insofern unterstützt, als sie/er aufzeigt, wie Leistungen der häuslichen Pflege kombiniert werden können. Auf diese Weise sollen die Leistungen zugänglich gemacht und etwaige Hürden, die Leistungen in Anspruch zu nehmen, abgebaut werden.


    Fußnoten:

    62 Gemäß § 40 Absatz 3 SGB V berücksichtigt die Krankenkasse bei Ihrer Entscheidung die besonderen Belange pflegender Angehöriger.

    2.7 Beendigung der Pflegeberatung

    Die Pflegeberatung ist beendet, wenn nach Absprache zwischen der Pflegeberaterin oder dem Pflegeberater und der ratsuchenden Person alle Ziele erreicht sind oder eine Pflegeberatung nicht mehr gewünscht wird. Die Pflegeberatung ist auch dann beendet, wenn durch die Fortführung des Beratungsprozesses oder die Anpassung des Versorgungsplans keine Verbesserung der Versorgungsituation zu erwarten ist.

    Im Rahmen komplexer Fallgestaltungen wie sie z. B. bei Pflegebedürftigen mit Demenz, pflegebedürftigen Kindern oder Schlaganfallpatienten mit Pflegebedarf zu erwarten sind, sollen die Beteiligten nach Beendigung der Pflegeberatung einen Erfahrungsaustausch durchführen. Die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater sollen den Hilfeprozess auswerten und insbesondere die genutzten Hilfen, z. B. geeignete Selbsthilfegruppen oder regionale Anbieter, dokumentieren. Dies dient dazu, die praktischen Erfahrungen für künftige Fallgestaltungen nutzbar zu machen
    und beispielsweise auf geschaffene Netzwerke und Kooperationen zurückgreifen zu können.

    Die Pflegeberatung im Sinne des § 7a SGB XI ist keine dauerhafte Begleitung durch eine Pflegeberaterin oder einen Pflegeberater. Verändert sich nach Beendigung der Pflegeberatung (Erstberatung) die Bedarfslage oder treten neue Fragestellungen der Ratsuchenden auf, soll die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater erneut eine Pflegeberatung (Wiederholungsberatung) durchführen.

    3. Qualitätsgesicherte Durchführung der Pflegeberatung

    Die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater evaluieren die von ihnen erbrachten Pflegeberatungen z. B. in Form von kollegialen Fallbesprechungen oder Supervision. Diese Evaluation erfolgt, indem die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater die Durchführung des Beratungsprozesses bewerten. Bewertet werden kann z. B. die Zufriedenheit der ratsuchenden Person mit der Pflegeberatung, die
    Nutzung der Netzwerke sowie die Erfahrung, wie die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater die ratsuchenden Personen mit bestimmten Informationen am besten erreichen konnte. Zeigt sich Verbesserungs- oder Änderungsbedarf, sollen die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater die Durchführung des Beratungsprozesses unter Einhaltung der Vorgaben dieser Richtlinien anpassen, um eine stetige Weiterentwicklung und Verbesserung der Qualität der Pflegeberatung
    zu erzielen. 63


    Fußnoten:

    63 Der GKV-Spitzenverband legt dem Bundesministerium für Gesundheit gemäß § 7a Absatz 9 Satz 1 SGB XI alle drei Jahre, erstmals zum 30. Juni 2020, einen unter wissenschaftlicher Begleitung zu erstellenden Bericht u. a. über die Erfahrungen und Weiterentwicklung der Pflegeberatung und Pflegeberatungsstrukturen vor.

    4. Qualifikationen und Kompetenzen der Pflegeberaterinnen und Pflegeberater

    Die Pflegeberatung hat von fachlich entsprechend qualifizierten Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern zu erfolgen, so dass eine kompetente Beratung gewährleistet ist. Gemäß § 7a Absatz 3 Satz 2 SGB XI kommen als Pflegeberaterinnen und Pflegeberater insbesondere Pflegefachpersonen, Sozialversicherungsfachangestellte oder Sozialarbeiter mit den jeweils erforderlichen Zusatzqualifikationen in Frage. 64

    Die Pflegeberatung ist von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern mit personaler Kompetenz und Fachkompetenz durchzuführen. Die personale Kompetenz zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater eine kooperative, respektvolle, empathische und kommunikative Beratungshaltung 65 einnimmt. Die Fachkompetenz zeigt sich insbesondere dadurch, dass die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater die/den Ratsuchenden ihren/seinen Bedürfnissen, Interessen und Werten entsprechend und mit einem umfassenden Wissen der die Beratung betreffenden Themenbereiche berät und die ratsuchende Person bei der Entscheidungsfindung unterstützt. Die Fachkompetenz stützt sich zum einen auf praktische Erfahrungen aus der beruflichen Grundqualifikation 66, zum anderen auf Erfahrungen, die im Rahmen der Qualifikation als Pflegeberater oder Pflegeberaterin 67 oder während der Tätigkeit als Pflegeberaterin oder Pflegeberater erlangt wurden.


    Fußnoten:

    64 Siehe auch § 2 ff. der Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes nach § 7a Absatz 3 Satz 3 SGB XI zur Anzahl, Qualifikation und Fortbildung von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern vom 29. August 2008 in der jeweils geltenden Fassung.

    65 Gemäß § 4 der Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes nach § 7a Absatz 3 Satz 3 SGB XI zur Anzahl, Qualifikation und Fortbildung von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern vom 29. August 2008 in der jeweils geltenden Fassung sollen Pflegeberaterinnen und Pflegeberater über Kenntnisse in der Kommunikation und Gesprächsführung verfügen.

    66 Siehe § 2 der Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes nach § 7a Absatz 3 Satz 3 SGB XI zur Anzahl, Qualifikation und Fortbildung von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern vom 29. August 2008 in der jeweils geltenden Fassung.

    67 Siehe § 3 ff. der Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes nach § 7a Absatz 3 Satz 3 SGB XI zur Anzahl, Qualifikation und Fortbildung von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern vom 29. August 2008 in der jeweils geltenden Fassung.

    5. Anforderungen an den Datenschutz und die Datensicherheit

    5.1 Allgemeine Hinweise

    Die Pflegeberatung hat unter Beachtung der gesetzlichen Datenschutzvorschriften 68 zu erfolgen. Die Pflegeberaterin oder der Pflegeberater hat die ratsuchende Person über den vertraulichen Umgang mit personenbezogenen Daten im Rahmen der gesetzlichen Befugnisse (§ 7a Absatz 6 SGB XI) zu informieren. Informationen, die im Rahmen des Beratungsprozesses für weitere Beteiligte notwendig sind, dürfen ausschließlich nach Einwilligung der ratsuchenden Person oder deren Bevollmächtigte oder Bevollmächtigten bzw. gesetzlichen Vertreterin oder Vertreter weitergeleitet werden.

    Auch der Austausch des elektronischen Versorgungsplans mit den am Versorgungsprozess des Versicherten Beteiligten (mit Pflegekassen, Ärztinnen und Ärzten, Pflegeeinrichtungen und/oder mit den Beratungsstellen der Kommunen) darf ausschließlich nach Einwilligung der ratsuchenden Person oder deren Bevollmächtigter oder Bevollmächtigten bzw. gesetzlichen Vertreterin oder
    Vertreter erfolgen. Die Einwilligung zur Weiterleitung kann für einzelne oder für alle Beteiligte ausgesprochen werden.


    Fußnoten:

    68 Siehe insbesondere § 7a Absatz 6 SGB XI sowie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

    5.2 Anforderungen an digitale Angebote und Anwendungen

    Digitale Angebote und Anwendungen der Pflegekassen müssen die gesetzlichen Vorgaben des Datenschutzes und die Anforderungen an die Datensicherheit 69 nach dem Stand der Technik unter Berücksichtigung der Art der verarbeiteten Daten und der damit verbundenen Schutzstufen sowie des Schutzbedarfs gewährleisten. Personenbezogene Daten dürfen nur aufgrund einer Einwilligung der Versicherten nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679
    des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG) (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1) und ausschließlich zu den folgenden Zwecken verarbeitet werden:

    1. zu dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der digitalen Angebote und Anwendungen durch die Nutzerinnen und Nutzer und
    2. zu der dauerhaften Gewährleistung der technischen Funktionsfähigkeit, der
      Nutzerfreundlichkeit und der Weiterentwicklung der digitalen Angebote und
      Anwendungen.

    Eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten zu anderen als den in Nummer 1 und 2 genannten Zwecken, insbesondere zu Werbezwecken, ist ausgeschlossen. Die Einwilligung zu der Datenverarbeitung nach Nummer 1 ist getrennt von einer Einwilligung in die Datenverarbeitung für Zwecke nach Nummer 2 einzuholen. Datenverarbeitungsbefugnisse nach anderen Vorschriften bleiben unberührt. Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten darf durch das digitale Angebot und die digitale Anwendung selbst sowie bei einer Verarbeitung personenbezogener Daten im Auftrag nur im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem diesem nach § 35 Absatz 7 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch gleichgestellten Staat oder, sofern ein Angemessenheitsbeschluss gemäß Artikel 45 der Verordnung (EU) 2016/679 vorliegt, in einem Drittstaat erfolgen. Die Pflegekassen und diejenigen, die aufgrund der Zurverfügungstellung digitaler Angebote oder Anwendungen der Pflegekassen im Rahmen der Pflegeberatung Zugang zu personenbezogenen Daten der Versicherten haben, verpflichten sich auf Verschwiegenheit.


    Fußnoten:

    69 Siehe auch § 7a Absatz 2 Satz 3ff. SGB XI.

    6. Strukturierte Zusammenarbeit

    Die Pflegeberatung wird durch eine strukturierte Zusammenarbeit 70 der Beratungsstellen vor Ort gestärkt. Grundlage hierfür ist der regelmäßige und aktualisierte Informations- und Wissensaustausch zur gegenseitigen Ergänzung der jeweiligen Kompetenzen. Die Beratungsstellen sollen sich z. B. gegenseitig informieren über

    • ihre Kontaktdaten und telefonische/persönliche Beratungszeiten,
    • die Kontaktdaten und Beratungszeiten der Hospiz- und Palliativberatung der Krankenkassen nach § 39b SGB V,
    • kommunale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner (z. B. Hilfe zur Pflege, Eingliederungshilfe),
    • Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen der Pflegekassen nach § 45 SGB XI und deren Inhalte,
    • die Leistungs- und Preisvergleichslisten zugelassener Pflegeeinrichtungen nach § 72 SGB XI und anerkannter Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a SGB XI,
    • das Gemeinsame Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB XI,
    • verschiedene Leistungen und Angebote der einzelnen Pflegekassen (Informationen über Verträge zur integrierten Versorgung nach §§ 140a SGB V und 92b SGB XI),
    • unterschiedliche Wohnformen für Menschen mit Pflegebedarf und Einrichtungen der Eingliederungshilfe,
    • Fahr- und Begleitdienste,
    • Angebote für Personengruppen mit besonderen Bedarfen,
    • Angebote der Selbsthilfe (z. B. Umgang mit der Erkrankung, Angehörigengruppen, Gewaltprävention, Krisentelefone),
    • Wohnraumberatungsstellen,
    • Maßnahmen, Angebote und Strukturen zum Hitzeschutz (z. B. Hitzeaktionspläne, Hitzetelefone, Hitzepatenschaften in der Nachbarschaft, kühle Aufenthaltsorte in der Region).

    Die näheren Inhalte für eine strukturierte Zusammenarbeit werden in den Rahmenverträgen/in einer ergänzenden Vereinbarungen gemäß § 7a Absatz 7 Satz 1 und Satz 3 SGB XI konkretisiert. 71


    Fußnoten:

    70 Gemäß § 7a Absatz 7 Satz 1 SGB XI vereinbaren die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam und einheitlich mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V., den nach Landesrecht bestimmten Stellen für die wohnortnahe Betreuung im Rahmen der Altenhilfe und den zuständigen Trägern der Sozialhilfe sowie mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Landesebene Rahmenverträge über die Zusammenarbeit in der Beratung. Gemäß § 7a Absatz 7 Satz 3 SGB XI vereinbaren die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam und einheitlich mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. und dem zuständigen Träger der Sozialhilfe auf dessen Verlangen eine ergänzende Vereinbarung zu den Verträgen nach Satz 1 über die Zusammenarbeit in der örtlichen Beratung im Gebiet des Kreises oder der kreisfreien Stadt für den Bereich der örtlichen Zuständigkeit des Trägers der Sozialhilfe.

    71 Gemäß § 7a Absatz 7 Satz 1 SGB XI vereinbaren die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam und einheitlich mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V., den nach Landesrecht bestimmten Stellen für die wohnortnahe Betreuung im Rahmen der Altenhilfe und den zuständigen Trägern der Sozialhilfe sowie mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Landesebene Rahmenverträge über die Zusammenarbeit in der Beratung. Gemäß § 7a Absatz 7 Satz 3 SGB XI vereinbaren die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam und einheitlich mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. und dem zuständigen Träger der Sozialhilfe auf dessen Verlangen eine ergänzende Vereinbarung zu den Verträgen nach Satz 1 über die Zusammenarbeit in der örtlichen Beratung im Gebiet des Kreises oder der kreisfreien Stadt für den Bereich der örtlichen Zuständigkeit des Trägers der Sozialhilfe.

    7. Strukturierung der Abläufe für die Pflegeberatung

    Die Träger der Pflegeberatung sollen die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Durchführung der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI, insbesondere eine abgestimmte Vorgehensweise und Organisation der Abläufe unter Einhaltung der Vorgaben der Pflegeberatungs-Richtlinien gewährleisten.

    8. Inkrafttreten

    Die Richtlinien treten am 07.02.2024 in Kraft.

    Quelle: https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/pflegeversicherung/beratung_und_betreuung/pflegeberatung/2024-01-09_Pflegeberatungs-Richtlinien.pdf

  • Erwerbsminderung

    Wie wird die Erwerbsfähigkeit in der Reha ermittelt?

    Die Erwerbsfähigkeit wird meist durch eine Reha-Klinik ermittelt. Das Ergebnis wird im Reha-Entlassungsbericht an die Rentenversicherung kommuniziert.

    Die Reha-Klinik wird sozialmedizinische Leistungsbeurteilungen in der medizinischen Rehabilitation durchführen.

    Die Website leistungsbeurteilung-reha.de bietet einen tollen Überblick über die Begriffe und Prozesse der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung in der medizinischen Rehabilitation geben
    Quelle: https://www.leistungsbeurteilung-reha.de/

    Muss man für die Feststellung der Erwerbsminderung eine Reha machen?

    In der Regel muss man im Feststellungs-Verfahren eines Erwerbsminderungs-Antrags eine Reha machen. Davon gibt es meist nur eine Ausnahme.

    Wenn du nicht rehafähig bist, musst du keine Reha machen.
    Es gibt verschiedene Situationen, die dazu führen dass du Reha-Unfähig bist. Die Reha-Unfähigkeit kann sich auf dich als Person beziehen, weil deine gesundheitliche Situation eine Reha nicht zulässt. Es ist aber auch denkbar, dass die Reha-Klinik nicht für sämtliche deiner gesundheitlichen Besonderheiten geeignet ist. In dem Fall währst du nur für diese Klinik Reha-Unfähig und für eine andere besser ausgestattete Klinik Reha-Fähig.

    Wann ist man Reha-Unfähig?

    Folgende Punkte können dazu führen, dass du Reha-Unfähig bist:

    • Du hast eine Erkrankung, die durch eine Reha verschlimmert werden würde (Belastungsintoleranz, ME/CFS, instabile Psyche).
    • Die auf körperliche Erkrankungen spezialisierte Reha-Klinik hat keine Angebote für deine psychischen Einschränkungen. Es gibt keine spezialisierte Psychotherapie, keine ausreichenden Rückzugsorte oder kein ausreichend qualifiziertes Personal.
    • Die auf psychischen Erkrankungen spezialisierte Reha-Klinik hat keine Angebote für deine körperlichen Erkrankungen. Es gibt keine spezialisierte Ergo- / Physio-Therapie, keine ausreichenden Therapie-Geräte oder kein ausreichend qualifiziertes Personal.
    • Die Therapie-Geräte der Reha-Klinik sind nicht für dich geeignet. Ein Grund könnte sein, dass du zu groß, zu klein oder zu schwer für die Geräte bist.
    • Du hast ein Kind um das du dich kümmern musst, dass eine besondere Schulform oder Unterstützung benötigt.
    !!! Trigger-Warnung: Ein weiterer Grund, durch den du Reha-Unfähig wirst:

    Noch einmal: Trigger-Warnung!
    Dein letzter Suizid-Versuch ist noch nicht lange genug her, sodass die Reha-Klinik dich als zu unstabil für eine Reha einstufen wird. Das hat zur Folge, dass die Reha-Klinik dich als Reha-Unfähig einstufen wird. Denn die Reha-Klinik möchte nicht das Risiko eingehen, dass du dir in der Klinik das Leben nimmst.

  • Marco vom Sozialrat

    Marco vom Sozialrat


    Der Lösungs-Weg ist nicht immer eine grade Linie vom Start zum Ziel.
    Manchmal muss man Kreativ sein und Umwege gehen!

    – Marco vom Sozialrat –


    Wer ist Marco?

    Marco kommt aus Hessen, hat ADHS, Autismus und Depressionen und ist Kämpfer im Graubereich.

    Marcos Beratungsthemen sind Pflegegrad, Verhinderungspflege, Eingliederungshilfe, Schwerbehinderten-Ausweis inklusive Merkzeichen, Erwerbsminderungsrente und der Umgang mit psychischen Erkrankungen.

  • Katharina vom Sozialrat

    Katharina vom Sozialrat


    „Es ist erst vorbei, wenn es wirklich vorbei ist!“
    – Katharina vom Sozialrat –


    Wer ist Katharina?

    Katharina kommt aus Hamburg und hat Muskeldystrophie. Aber vor allem hat sie jede menge Kampfgeist von dem sie euch ein Bisschen abgeben möchte.

    Katharina’s Beratungsthemen sind Pflegegrad, Verhinderungspflege, Hilfsmittel, Schwerbehindertenausweis, Assistenz über das persönliche Budget und vor allem, wie bewahrt man seinen Kampfgeist!


  • Birgit vom Sozialrat

    Birgit vom Sozialrat


    „Als Mensch mit Einschränkungen fühlt man sich im Kampf gegen die Behörden oft sehr alleine.
    Ich möchte Menschen dabei helfen sich nicht alleine, sondern stark zu fühlen.“
    – Birgit –


    Wer ist Birgit?

    Birgit hat die Diagnosen Depression und Ehlers-Danlos-Syndrom. Sie ist Sozialarbeiterin und hat als Arbeitsvermittlerin für Menschen mit Schwerbehinderung im Jobcenter gearbeitet.

    Birgit kann zum Thema Pflegegrad, Verhinderungspflege, Schwerbehindertenausweis, Hilfsmittel und besonders gerne sogar zum Thema Arbeit und Behinderung beraten.


    Beratung buchen:

  • Liege-Arbeitsplatz

    Liege-Arbeitsplatz

    Der Liege-Arbeitsplatz von Altwork ist großartig für alle Menschen, die ihre Postition währen der Arbeit häufiger wechseln müssen.

    Mit diesem Liege-Arbeitsplatz ist es möglich, an der selben Arbeitsplatte im stehen, sitzen und liegen zu arbeiten.

    Einmal ergonomisch eingestellt, ist die Monitor- und Arbeitsplatten-Position immer genau richtig eingestellt. Die ergonomischen Einstellung verschieben sich entsprechend, sodass du im Liegen genauso gut auf den Bildschirm gucken kannst, wie du es im stehen kannst – ohne weitere Einstellungen vornehmen zu müssen.

  • EDS – Ehlers-Danlos-Syndrom

    Pflegegrad beim Ehlers-Danlos-Syndrom

    Für den nächsten EDS Sofa (Online-Meeting) vom Deutsche Ehlers-Danlos Initiative e.V. planen wir einen Austausch zum Thema Pflegegrad bei EDS. Zu diesem Talk seid ihr herzlich eingeladen und könnt hier in den Kommentaren schon voll gerne eure Fragen stellen.

    Für private Fragen könnt ihr auch eine Email an eds@sozialrat.org schicken. Dann besprechen wir die Fragen beim EDS Sofa anonym.

    https://ehlers-danlos-initiative.de/index.php/component/dpcalendar/event/77?calid=1007

    Hilfsmittel beim Ehlers-Danlos-Syndrom

    EDS führt häufig zu einer Mobilitätseinschränkung. Hier ist das nahe liegende Hilfsmittel ein E-Rollstuhl. Aber auch ein Pflegebett und eine Toiletten-Sitzerhöhung können hilfreich sein. Hierzu planen wir noch viele Beiträge – die hier zukünftig verlinkt werden.

    Ein Muster-Beispiel, wie man sich gegenüber der Krankenkasse ein Hilfsmittel erstreitet ist der Fall eines Mitglieds der Deutsche Ehlers-Danlos Initiative e.V.

    Dieses Mitglied wollte gerne einen Aktiv-Rollstuhl mit E-Motion (Hersteller: Alber) und dem neuen Dou-Drive – der es ermöglichen würde, ohne eigene Muskelkraft einen Rollstuhl-Antrieb zu haben und mit den Händen nur zu lenken, in dem man den Antrieb an einem Reifen bremst.

    Der Vorteil ist, dass man sich so weiterhin aktiv Fortbewegen kann, aber bei Bedarf oder wenn es gewünscht ist auch passiv fahren kann. Dieses Recht auf die Wahl der Vortbewegung hat die Krankenkasse abgelehnt. Zusammen mit uns hat das Mitglied vom Deutsche Ehlers-Danlos Initiative e.V. den Rollstuhl mit beiden zusatz-Antrieben per Eilverfahren zugesprochen bekommen.

    Unser Hilfsmittel-Antrags-Muster, die Antrags-Begründung des Mitglieds, den Beschluss vom Sozialgericht Berlin und die Berichterstattung vom DGB-Rechtsschutz findet ihr hier:

  • Behinderungsausgleich bei Autismus

    Freizeit-Behinderungsausgleich bei Autismus

    Antrags-Muster für qualifizierte Freizeitassistenz (Kind / Jugendlich)

    Folgende Begründung schwebt mir vor:
    Mein Sohn kann aufgrund seiner Reizfilterschwäche, die sich auf
    Autismus (Verdachtsdiagnose liegt vor) und seiner Ataxie zurückführen
    lässt, schnell durch verschiedene Reize überfordert sein. Diese
    Reiz-Überforderung kann durch jeden Sinn hervorgerufen werden. Eine
    Reizüberflutung kann durch viele visuelle Eindrücke durch menschliche
    Interaktionen im öffentlichen Raum zu laute Geräusche intensive
    Gerüche oder unangenehme Gefühle auf der Haut z.B. durch einen als
    kratzig empfundenen Pullover ausgelöst werden. Diese Reizüberflutung
    verstärkt dann die ebenfalls vorhandene
    Emotions-Regulationsproblematik, die regelmäßig mehrfach täglich zu
    extremen Wutanfällen führt.
    Die Wutanfälle, die unter anderem durch Reizüberflutung ausgelöst
    werden, sind fachärztlich beständig.

    Aus diesem Grund benötigt mein Sohn Unterstützung durch pädagogische
    Fachkräfte im gesamten Alltag – auch im Fitnessstudio. (Dort aber
    zusätzlich zu einem qualifizierten Fitnesstrainer, der von der KK
    finanziert wird.) Ohne speziell geschulte pädagogische Fachkräfte
    droht meinem Sohn eine Gefährdung durch sich und andere. Eine einfache
    Hilfskraft kann meinen Sohn nicht vor Reizüberflutung schützen und
    angebracht auf einen Wutanfall reagieren. Wenn mein Sohn seinen
    Wutanfall gegen die Hilfskraft richtet, könnte diese die Begleitung
    meines Sohnes abbrechen oder sogar gegen ihn vorgehen – verbal,
    physisch und zivilrechtlich – was eine Traumatisierung zur Folge haben
    könnte und die Entwicklung massiv beeinträchtigen würde. Auch könnte
    meinem Sohn ohne entsprechend qualifizierte pädagogische Fachkräfte
    bei Wutanfällen durch Reizüberflutung Übergriffe durch externe
    Personen drohen. Darüber hinaus sind die pädagogischen Fachkräfte auch
    notwendig, um ihn selbst an seine Alltags-Problematiken heranzuführen.
    Nur durch die permanente Einordnung durch pädagogische Fachkräfte kann
    er lernen, mit seinen krankheitsbedingten Alltags-Hürden einen
    gesunden und selbstständigen Umgang zu finden.

    Ca. 85% aller Autisten sind für das Jobcenter unvermittelbar, weil sie
    im Rahmen ihrer kindlichen Entwicklung nicht gelernt haben, ihre
    Alltagsprobleme und die Interaktion mit anderen Menschen im Rahmen
    ihrer Möglichkeiten selbstständig zu bewältigen. Eine einfache
    Hilfskraft würde diese Abhängigkeit und Unselbstständigkeit im besten
    Fall auf einem konstanten Niveau halten. Wahrscheinlich wird die
    Abhängigkeit und Unselbstständigkeit aber durch Traumatisierungen noch
    verstärkt.

    Autisten, die in ihrer Kindheit eine entsprechende Anleitung erfahren
    haben, um ihren Alltag langfristig selbstständig zu bewältigen, werden
    im Berufsleben zu gefragten Fachkräften und Experten in ihrem Gebiet.
    Aktuell haben wir noch die Chance, die erforderlichen
    Rahmenbedingungen zu setzen, sodass mein Sohn zukünftig in den
    Arbeitsmarkt integrierbar ist und sein Leben zukünftig selbständig
    bewältigen kann.

    Mein Sohn benötigt aktuell in Folgenden Situationen seines Alltags
    unterstützung:

    • morgens beim Fertig machen. Aufstehen, waschen, Zähne putzen,
      Frühstücken, Schulsachen packen, ca. 2 Stunden
    • Unterstützung beim Schulweg – Hin und Zurück, ca. 2 Stunde
    • Begleitung in der Schule, weil dort vorhandene Fachkräfte keine 1 zu
      1 betreuung gewährleisten können und nicht für die Reizfilter- und
      Wut-Problematik in Kombination mit den körperlichen Einschränkungen
      qualifiziert sind. ca. 8 Stunden
    • Begleitung zu Therapien, inklusive Bereitschaft bei Therapieabbruch
      und Begleitung bei Freizeit-Aktivitäten, ca. 3 Stunden
    • Hausaufgaben-Hilfe ca. 2 Stunden
    • Begleitung und Motivation, Mittags und Abends etwas zu essen, ca. 1 Stunde
    • Hilfe und Begleitung beim Bett fertig machen , ca. 1 Stunde

    Ich komme auf 19 Stunden Unterstützungsbedarf durch eine qualifizierte
    Fachkraft.

    Dieser Stundenumfang wird erforderlich, weil seine Mutter und ich
    nicht permanent seine pädagogischen Fachkräfte sein wollen – sondern
    vor allem seine Eltern. Ich möchte der Papa von meinem Sohn sein und
    nicht seine behinderungsbedingte Assistenz. Mein Sohn soll durch diese
    Unterstützung auch eine dringend erforderliche Unabhängigkeit von
    seinen Eltern erfahren. Nur so kann eine altersgerechte kindliche
    Entwicklung sichergestellt werden, die im Ergebnis zu einem
    unabhängigen Menschen führt.

    Außerdem sind wir aktuell bereits an unserer Belastungsgrenze und
    können daher nicht alle empfohlenen Therapien für unseren Sohn
    umsetzen. Die aktuellen und zukünftigen Therapie-Defizite können
    ebenfalls zu einer Entwicklungsstörung führen, wenn nicht bald Abhilfe
    geschaffen wird. Der Facharzt unseres Sohnes hat ihm 3 Physio-Therpien
    pro Woche empfohlen. Aktuell schaffen wir nur eine Therapie-Stunde pro
    Woche. Wir benötigen hier dringend Unterstützung – können einer
    unqualifizierten Hilfskraft aber nicht unser Kind anvertrauen, weil
    dies die Situation wie bereits beschrieben nur verschlimmern würde.

    Weitere durch die Fachärzte empfohlene Therapien wie Ergotherapie,
    Logopädie und eine psychotherapeutische Verhaltenstherapie können wir
    aktuell gar nicht bewältigen.

    Anbei erhalten Sie die fachärztlichen Einordnungen zu dem benötigten
    Unterstützungsbedarf bzgl. Höhe und Qualifikationsanforderung. Ebenso
    erhalten Sie eine entsprechende Einordnung durch die Physiotherapeutin
    und eine examinierte Pflegefachkraft.

    Mit Verweis auf die UN-Kinderrechtskonvention und auf die
    UN-Behindertenrechtskonvention ersuche ich das Gericht, den
    erforderlichen qualifizierten Unterstützungsbedarf anzuerkennen und
    uns die benötigte Unterstützung zuzusprechen.

     Hochachtungsvoll

    Arbeits-Behinderungsausgleich bei Autismus

    Autismus & Vorstellungsgespräch

    Für einen Autisten könnte folgender Behinderungsausgleich im Vorstellungsgespräch denkbar sein.

    Autisten neigen dazu, eine Frage entweder nur in einem einzigen Punkt zu betrachten, oder aber viel zu viel in die Frage hinein zu interpretieren. Wenn du einen Autisten fragst, was man oft in einem Wald vorfindet, erwartet man die Antwort „Bäume“. Allerdings könnte es passieren, dass der Autist von einer besonderen Milbenart erzählt, die unter der Baum-Rinde lebt. Oder er erklärt die gesellschaftspolitische Problematik von Monokulturen in deutschen Wäldern. 

    Diese komplexe Denkweise führt dazu, dass die Fragen oft nicht wie erwartet beantwortet werden können. 

    Als Behinderungsausgleich wäre daher denkbar, dass eine PersonalerIn sich zusammen mit der SBV und dem Bewerber mit Autismus zusammensetzen und ihm vor dem Vorstellungsgespräch 15-30 Minuten lang die geplanten Fragen zur Verfügung stellen und erklären, worauf die Fragen abzielen. 

    Dadurch kann sichergestellt werden, dass der Bewerber die Fragen in der Präzision beantwortet, die erwartet werden. 

    Außerdem haben Autisten eine enorme Reizfilterschwäche. Dadurch ist der Bewerber einem großen Stress ausgesetzt, bevor das Vorstellungsgespräch überhaupt beginnt. 

    Hier wäre es sinnvoll, wenn eine Anreise mit der Deutschen Bahn oder eine längere Fahrt über die Autobahn nötig ist, ein Hotel-Zimmer für die Übernachtung am Tag zuvor zu organisieren. Die Agentur für Arbeit / Jobcenter müsste hier der Kostenträger sein. Aber die brauchen manchmal einen Anstoß vom zukünftigen Arbeitgeber. Darum könnte sich die Personalabteilung oder SBV kümmern.

    Außerdem sollte die Warte-Situation unmittelbar vor dem Bewerbungsgespräch so reizarm wie möglich gestaltet werden. Ideal wäre ein ruhiger Außenbereich, weil Büros oft ungewohnte Gerüche haben, die auch Stress erzeugen können. 

    Autisten entwickeln auch häufiger weitere Zwänge wie einen Waschzwang oder einen Berührungsphobie. In einem solchen Fall wäre es sinnvoll, darauf zu achten, dass dem Bewerber mit Autismus proaktiv das WC gezeigt und auf eine Begrüßung per Handschlag verzichtet wird.

    Arbeitsassistenz Autismus

    Kern-Aufgaben einer Arbeitsassistenz bei Autismus:

    Grundlegende Aufgaben einer Arbeitsassistenz im Bereich der Kommunikation/Interaktion: „ 

    • Vermittlung bei Missverständnissen und Krisen („Dolmetschertätigkeit”) 
    • Aufklärung und Beratung der Vorgesetzten und Kolleg:innen 
    • Schutz vor Mobbing
    • Anleitung im Kontakt mit Kund:innen 
    • Unterstützung bei der Generalisierung von – beispielsweise in der Therapie – neu erworbenen sozialen Kompetenzen im Umgang mit Kolleg:innen und Kund:innen
    • rechtzeitiges Aufdecken von Problemstellungen, die andernfalls zu eskalieren drohen etc.

    Grundlegende Aufgaben der Arbeitsassistenz im Bereich der Reizverarbeitung: „ 

    • Gestaltung autismusgerechter Rahmenbedingungen
    • frühzeitiges Erkennen von Reizüberflutung
    • Rückmeldung an den/die Arbeitnehmer:in
    • Vermittlung im Umgang mit Kolleg:innen und Kund:innen „ Schaffung von Rückzugsräumen
    • Hinführung an den Einsatz reizreduzierender Hilfsmittel (z.B. Kopfhörer, Trennwände) etc.

    Grundlegende Aufgaben der Arbeitsassistenz im Bereich der Handlungsplanung: „ 

    • Strukturierung des Arbeitstages 
    • Strukturierung und Priorisierung der Tätigkeiten 
    • Aufzeigen paralleler Arbeitsschritte 
    • Visualisierung der Arbeitsaufträge 
    • personelle und räumliche Orientierung
    • Unterstützung bei der Generalisierung des Gelernten
    • Pausengestaltung etc. 

    Quelle: https://www.autismus.de/fileadmin/NEWS/Broschuere_Teilhabe_am_Arbeitsleben_Screenversion_StandJuli23.pdf

  • Beratung bei Diagnose

    „Hole dir Rat von jenen, die den gleichen Weg gehen wie du.“
    – Konfuzius –

    Rat von den Menschen zu erhalten, die den gleichen Weg gehen wie du, hilft gleich mehrfach. So verfügt derjenige, der deine Erkrankung hat, über gleiche Probleme und hat vielleicht schon eine Lösung dafür gefunden. Der Mensch verfügt vielleicht sogar schon über ein Netzwerk von Ärzten und Therapeuten und kann dir so wertvolle Empfehlungen geben.

    Unsere Berater: verschiedene Erkrankungen

    Beratung bei Depression

    Beratung bei Zerebralparese

    Beratung bei Muskelschwäche

    Beratung bei SMA

    Beratung bei Spinaler Muskelatrophie

    Beratung bei Diabetes

    Beratung bei ADHS

    Beratung bei Autismus