„Gesetze müssen (…) möglichst für jedermann verständlich (…) sein.
– § 42 Absatz 5 GGO –
Warum lesen wenige Menschen die Gesetze?
In unseren Live-Stream’s am Sonntag zitieren wir regelmäßig aus Gesetzen. Insbesondere aus dem SGB XI. Durch einen „einfachen Blick“ ins Gesetz lassen sich nämlich viele Fragen von Betroffenen bereits beantworten. Warum lesen so wenige Menschen in die Gesetze?
Vielleicht liegt es daran, dass sie zu kompliziert geschrieben sind. Vielleicht haben viele Menschen einfach Schwierigkeiten damit, diese Gesetze zu verstehen. Ist es für sehr viele Menschen vielleicht gar nicht so einfach, einen „einfachen Blick“ ins Gesetz zu wagen?
Einfache Zahlen im Gesetz | Vorteile + Nachteile
Einfache Zahlen -> Vorteile
- Mehr Menschen verstehen die Gesetze
- Mehr Menschen kennen ihre Rechte
- Mehr Menschen können sich gegen Gesetzes-Verstößen wehren.
- Gesetzgeber erfüllt seine Pflicht, in einfacher Sprache zu kommunizieren
Einfache Zahlen -> Nachteile
- Gesetz-Bücher müssen einmal umgeschrieben werden
- Anwälte und Richter fühlen sich weniger besonders, weil mehr Menschen Gesetze verstehen
Römische Zahlen -> Schwer Verständlich
Bereits die Nummerierung der Sozial-Gesetz-Bücher erschwert es Betroffenen extrem, einen Zugang zu Gesetzen zu finden. Denn die verschiedenen Sozial-Gesetz-Bücher unterscheiden sich durch römische Zahlen (I, II, III, IV bis XII). Römische Zahlen müssen von jedem Menschen gedanklich übersetz werden, der einfache (arabische) Zahlen (1, 2, 3, 4) gewohnt ist. Fast alle Menschen in Deutschland sind einfache (arabische) Zahlen (1, 2, 3, 4) gewohnt.
Die Verwendung von römischen Zahlen erschwert allen Menschen in Deutschland den Zugang zu den Sozial-Gesetz-Büchern. Denn jeder dieser Menschen muss die römischen Zahlen (I, II, III, IV) gedanklich erst einmal übersetzen in die ihm bekannten (arabischen) Zahlen (1, 2, 3, 4).
So eine Übersetzung ist für Menschen anstrengend. Viele Menschen werden von dieser Übersetzung abgeschreckt. Viele Menschen haben in der Schule auch keine römische Zahlen (I, II, III, IV) gelernt. Diese Menschen können die Sozial-Gesetzbücher dann nicht auseinander halten. Sie wissen dann nicht, ob das Gesetz (zum Beispiel § 15) im Sozial-Gesetz-Buch 1, 2, 3 oder 12 steht.
Der § 15 (Paragraf fünfzehn) hat in den verschiedenen Sozial-Gesetz-Büchern aber ganz unterschiedliche Bedeutungen. Das Gesetz §15 SGB II (Sozial-Gesetz-Buch 2) hat eine ganz andere Bedeutung als §15 SGB IX (Sozial-Gesetz-Buch 9).
Menschen die Schwierigkeiten mit römischen Zahlen (I, II, III, IV) haben, werden solche Zahlen vermeiden. Diese Menschen werden dann auch die Sozial-Gesetz-Bücher vermeiden.
Das soll so nicht sein.
Schwere Sprache ist nicht erlaubt
Es gibt mehrere Gesetze und Verordnungen, die schwere Sprache verbieten. Die „Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien“ hat zum Beispiel folgende Vorschrift:
„Gesetze müssen (…) möglichst für jedermann verständlich (…) sein.
– § 42 Absatz 5 GGO –
Das bedeutet folgendes: Wenn es möglich ist, sollen Gesetze so geschrieben werden, dass jeder sie versteht. Das die Sozial-Gesetz-Bücher sich durch römischen Zahlen (I, II, III, IV) unterscheiden, verstößt gegen diese Vorgabe. Römischen Zahlen (I, II, III, IV) in Gesetzen führen dazu, dass Menschen die Gesetze nicht verstehen.
Wenn Menschen Gesetze verstehen sollen, müssen Sozial-Gesetz-Bücher einfache Zahlen (1, 2, 3, 4) verwenden.
„Gesetze müssen sprachlich richtig und möglichst für jedermann verständlich gefasst sein ( § 42 Absatz 5 GGO). Gerichte, Behörden und andere berufliche Rechtsanwender können dann besser mit ihnen arbeiten, Bürger und Bürgerinnen finden leichter Zugang zu ihnen.“
– § 42 Absatz 5 GGO –
Gesetz: Einfache Sprache ist Pflicht
Einfache Sprache wird auch in Gesetzen vorgeschrieben. Im Gesetz-Buch zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen steht folgendes:
„Träger öffentlicher Gewalt (Anmerkung: Behörden und der Gesetzgeber) sollen mit Menschen mit (…) Behinderungen in einfacher und verständlicher Sprache kommunizieren.“
– § 11 BGG –
Wenn der Gesetzgeber mit Menschen in einfacher Sprache kommunizieren soll, müssen auch einfache Zahlen verwendet werden. Römische Zahlen (I, II, III, IV) sind nicht einfach. Römische Zahlen müssen immer übersetzt werden, um sie zu verstehen. Römische Zahlen können nicht von allen Menschen übersetzt werden. Römische Zahlen schließen Menschen aus.
§ 11 BGG Verständlichkeit und Leichte Sprache
„(1) Träger öffentlicher Gewalt sollen mit Menschen mit geistigen Behinderungen und Menschen mit seelischen Behinderungen in einfacher und verständlicher Sprache kommunizieren. Auf Verlangen sollen sie ihnen insbesondere Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke in einfacher und verständlicher Weise erläutern.“
– Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen –
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