FAQ – Die häufigsten Fragen
zur Verhinderungspflege:
Wie viele Jahre Rückwirkend kann man die Verhinderungspflege beantragen?
Verhinderungspflege kann 4 Jahre + das aktuelle Jahr rückwirkend beantragt werden. Das ergibt sich aus §45 SGB 1.
Diesem Gesetz lässt sich entnehmen, dass Ansprüche auf Sozialleistungen nach 4 Kalenderjahren + das aktuelle Jahr verjähren. So ist es beispielsweise möglich, im Jahr 2024 die Verhinderungspflege für das Jahr 2020 zu beantragen. Dieser Rechtsanspruch auf Sozialleistungen vergangener Jahre ergibt sich aus dem §45 SGB 1.
Quelle:
§45 SGB 1: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_1/__45.html
§199 BGB: https://dejure.org/gesetze/BGB/199.html
Wie ergibt sich der Anspruch auf Verhinderungspflege?
Jeder Mensch mit einem Pflegegrad 2 oder höher hat Anspruch auf eine Vertretung seiner Pflegeperson. Wenn diese also aus “sonstigen Gründen” für bis zu 7,5 Stunden vertreten werden muss, kommt die Krankenkasse für die Kosten der Vertretung bis zur Höhe von 2.418,-€ pro Kalenderjahr auf.
Quelle:
§39 SGB 11: https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/39.html
Wird mein Pflegegeld gekürzt, wenn ich Verhinderungspflege beantrage?
Pflegegeld-Kürzung bei Verhinderungspflege §37 SGB11:
Im sogenannten Pflegegeld-Gesetz ist geregelt, dass Verhinderungspflege das Pflegegeld gekürzt werden kann, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Verhinderungspflege für 8 Stunden oder mehr, bzw. wenn die Verhinderungspflege tageweise erfolgt.
Erfolgt die Verhinderungspflege für weniger als 8 Stunden (zum Beispiel 7 Stunden) darf das Pflegegeld nicht gekürzt werden. Ein weiterer Vorteil der stundenweise Verhinderungspflege ist, dass keine Begrenzung auf 6 Wochen stattfindet.
Quelle:
§37 SGB 11: https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/37.html
Ist die Verhinderungspflege zeitlich begrenzt?
Ja und Nein. Die tageweise Verhinderungspflege ist auf 6 Wochen begrenzt. Bei der Stundenweise Verhinderungspflege findet keine Begrenzung statt.
Quelle:
§39 SGB 11: https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/39.html
Muss ich die Adresse der Verhinderungspflege-Person nennen?
Nein! Im sogenannten Verhinderungspflege-Gesetzt – §39 SGB11 – heißt es: “Ist eine Pflegeperson (…) aus anderen Gründen an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegekasse die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege (…).”
Aus diesem Gesetz geht hervor, dass die Kosten nachgewiesen werden müssen – also nicht einmal die Zahlung – lediglich die Kosten. Die Kosten lassen sich nachweisen, indem jemand unterschreibt, dass er die Leistungen zur vereinbarten Entschädigung (Stundenlohn) erbracht hat. Dieser Nachweis reicht aus. Es muss keine Zahlung nachgewiesen werden und es muss auch nicht die Adresse der Verhinderungs-Pflegeperson genannt werden. Die Kosten lassen sich ohne Zahlung und ohne Adresse nachweisen, indem die erbrachte Leistung mit der vereinbarten Entschädigung von der Verhinderungspflege-Person unterschrieben wird.
Sollte die Pflegekasse auf eine Adresse bestehen, schreibt folgendes:
„Ich weise sie darauf hin, dass Ihre Forderung nach den Adress-Daten der Verhinderungspflege-Person einen Datenschutzverstoß zur Folge haben könnte, weil die Verhinderungspflege-Person der Weitergabe und Speicherung der Personenbezogenen Daten nicht zugestimmt, sondern ausdrücklich widersprochen hat. Sollten Sie Zweifel an dem Kostennachweis haben, lade ich Sie ein, meinen Antrag auf Kostenerstattung der Verhinderungspflege abzulehnen, sodass im Widerspruchsverfahren mein Rechtsanwalt Ihnen anwaltlich versichern kann, dass diese Kosten entstanden sind. Die Kosten meines Rechtsanwalts tragen ja glücklicherweise Sie, wenn mein Widerspruch daraufhin erfolgreich ist.“
Quelle:
§39 SGB 11: https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/39.html
Ist die Verhinderungspflege steuerfrei?
Ja, zumindest, wenn man man nur einen Menschen mit Pflegebedarf (verhinderungs-) pflegt.
Dass die Verhinderungspflege steuerfrei ist, ergibt sich aus dem §33 (2) EStG. Dort wurde festgehalten, dass Einnahmen nicht der Einkommenssteuer unterliegen, wenn sie aus “sittlichen Gründen” erhalten wurden.
Quelle:
§33 EStG: https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__33.html
Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages trifft sogar folgende äußerst präzise Aussage: “Es wird regelmäßig die Steuerfreiheit angenommen, wenn nur für eine Person die Ersatzpflege durchgeführt wird.” Diese Formulierung lässt vermuten, dass erst bei Erhalt der Verhinderungspflege von 2 Personen die “sittliche” Verpflichtung gut dokumentiert und nachgewiesen werden muss. Die sittliche Verpflichtung könnte sich damit belegen lassen, dass die Verhinderungspflege einen Brief mit der Bitte um Unterstützung von dem Menschen mit Pflegebedarf erhält, in dem folgendes steht:
“Liebe Sabine Musterfrau, Ich möchte mich während der Abwesenheit meiner Pflegeperson ausschließlich von dir Pflegen lassen. Ansonsten verzichte ich lieber auf meine Pflege und nehme die Konsequenzen in kauf.”
Eine solch kurzer Brief mit Name und Unterschrift dürfte ausreichen, um eine sittliche Verpflichtung nachweisen zu können.
Sollte die Verhinderungspflege-Person allerdings auch berufsmäßig in der Pflege arbeiten, wird eine sittliche Verpflichtung bei einer nicht näher verwandten Person mit Pflegebedarf vermutlich eher nicht steuerfrei sein.
Quelle:
Pflegeberater: https://pflege-dschungel.de/verhinderungspflege/verhinderungspflege-steuerfrei/
Wissenschaftlicher Dienst, Bundestag: : https://pflege-dschungel.de/wp-content/uploads/2022/06/WD-4-202-18-pdf-data.pdf
Muss ich die Abwesenheit meiner Pflegeperson oder
die Anwesenheit meiner Verhinderungspflege-Person im Antrag mitteilen?
Nein, wer dich wann pflegt ist zu 100% deine Privatsache!
Das hindert deine Krankenkasse aber nicht daran, dich danach zu Fragen. So wird zum Beispiel beim Verhinderungspflege-Antrag nach dem Zeitraum gefragt, den deine Pflegeperson abwesend ist. Dabei ist diese Information für die Verhinderungspflege völlig irrelevant.
In einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG Urteil vom 20.4.2016, B 3 P 4/14 R) sagt dazu folgendes: “Der Anspruch auf Pflegegeld setzt nach § 37 Abs 1 Satz 2 SGB XI voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Werden wegen einer mindestens achtstündigen Verhinderung der Pflegeperson Leistungen einer „notwendigen“ Ersatzpflege geltend gemacht, gibt der Pflegebedürftige damit zu erkennen, dass seine Pflege ohne die Ersatzpflege nicht sichergestellt ist. Daher scheidet ein Anspruch auf Pflegegeld in diesen Fällen grundsätzlich aus und die Pflege wird mit den Leistungen der Verhinderungspflege sichergestellt (BSG SozR 3-2500 § 56 Nr 2; sinngemäß ebenso BSG SozR 3-2600 § 3 Nr 5). An Tagen, an denen allerdings die Pflege ganz überwiegend noch von der regelmäßig tätigen Pflegeperson und nur für wenige Stunden von der Ersatzpflegeperson erbracht wird, wird die Pflege durch das Zusammenspiel der üblichen Pflege und der Ersatzpflege sichergestellt, sodass in diesem Ausnahmefall auch eine Kumulation der Leistungen gerechtfertigt ist. Trotz des an diesen Tagen geringen Anteils an Ersatzpflege können auch für deren Organisation zusätzliche Aufwendungen entstehen, und die gedeckelten Leistungen der Verhinderungspflege lassen einen übermäßigen Leistungsbezug nicht zu.”
Dieses Urteil des Bundessozialgerichts enthält folgende wichtige Zitate:
“Der Anspruch auf Pflegegeld setzt nach § 37 Abs 1 Satz 2 SGB XI voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt.”
“An Tagen, an denen allerdings die Pflege (…) nur für wenige Stunden von der Ersatzpflegeperson erbracht wird, wird die Pflege durch das Zusammenspiel der üblichen Pflege und der Ersatzpflege sichergestellt, sodass in diesem Ausnahmefall auch eine Kumulation der Leistungen gerechtfertigt ist. Trotz des an diesen Tagen geringen Anteils an Ersatzpflege können auch für deren Organisation zusätzliche Aufwendungen entstehen, und die gedeckelten Leistungen der Verhinderungspflege lassen einen übermäßigen Leistungsbezug nicht zu.”
Fazit: Für die Verhinderungspflege ist nicht relevant, wie lange eine Pflegeperson verhindert ist, sondern die Dauer der nötigen Verhinderungpflege. Sollte der Dauer der Verhinderungspflege weniger als 8 Stunden betragen, so besteht ein Anspruch auf das volle Pflegegeld und die Verhinderungspflege.
Quelle:
§ 37 SGB 11: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__37.html
Urteil vom BSG 2016: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Datum=2016&Seite=7&nr=14331&linked=urt
Muss die Verhinderungspflege beantragt werden?
Nein, die Verhinderungspflege muss nicht beantragt werden. Im gesamten Verhinderungspflege-Gesetz steht nirgendwo, dass ein Antrag zu erfolgen hat. Es ist lediglich die Rede von einem Kosten-Nachweis, der erbracht werden muss.
ABER: Ein Antrag macht es für Euch einfacher. Denn für einen Antrag gibt es ganz genaue Fristen, bis wann dieser bearbeitet worden sein muss. So könnt ihr gemäß §88 SGG sechs Monate nach eurem Antrag ohne erneute Nachfrage eine Untätigkeitsklage gegen die Krankenkasse erwirken. Ohne Antrag ist das zwar auch möglich, aber dann wird es aufgrund ungenauer Richtwerte (§89 SGG) nicht mehr ganz so einfach vor Gericht.
Quelle:
§39 SGB 11: https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/39.html
§88 SGG: https://www.gesetze-im-internet.de/sgg/__88.html
§89 SGG: https://www.gesetze-im-internet.de/sgg/__89.html
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